Heute ist Sonntag, der 6. Mai. Zunächst einmal hier die
Bilder von dem Foodvan und dem Wasserfilter + Wasserkühler in Vimukti, welche
Dank eurer Spenden finanziert werden konnten (tut mir leid dass ich nicht, wie
angekündigt, sie schon letzte Woche hochgestellt habe, doch habe ich für diesen
Umstand eine ganz gute Erklärung/Geschichte):
Der neue Foodvan |
Wasserfilter + Wasserkühler |
Nun kommen wir gleich, ohne groß herumzureden, zu dem Grund/
zu der Geschichte, warum ich letzten Sonntag nicht schon die Bilder
hochgestellt habe. Die vorletzte Woche gehört sicher zu den… nun… sagen wir zu
den am wenigsten erlebenswerten Wochen die ich bisher in Indien hatte. Nur 2
Tage, nämlich Montag und Dienstag, verbrachte ich in Vimukti; an diesen beiden
Tagen messten wir Tageshöchstwerte von bis zu 43 Grad. Man könnte meinen, dass
Temperaturen von bis zu 43 Grad der heißesten Zeit eines Landes zugeordnet
werden können, doch war es zu der Zeit noch April -> die heißeste Zeit in
Indien, nämlich der Mai, hat überhaupt erst jetzt begonnen *ächz*. Nun wären 43
Grad dennoch etwas, das man aushalten könnte, hätten da nicht 2 Faktoren eine
entscheidende Rolle eingenommen; nämlich gab es zum einen die gesamte vorletzte
Woche keinen Strom tagsüber, was bedeutet -> kein überlebenswichtiger
Ventilator. Zum anderen würde ich es auch als entscheidenden Faktor bezeichnen,
dass ich, wie ich schon mal in einem meiner Blogeinträge erwähnt habe, nicht
sehr gut Hitze vertrage. Einzig tröstend war für mich, dass mit dieser
vorletzten Woche die Mango Season endlich auch in Vimukti startete. Man hatte
mir schon die letzten Monate öfters davon erzählt, dass die Region um Vimukti
in ganz Indien bekannt sei für ihre Mangos; dementsprechend war ich schon
gespannt, mich auch endlich vom Geschmack einer vollausgereiften Mango zu
überzeugen. Und ich kann euch sagen, als ich dann eine probierte war das ein
Geschmack wie aus 100 Himmeln. Eine Frucht in ihrer vollendeten Perfektion.
Anders kann man das nicht beschreiben. Eine so gute Frucht habe ich bis dato jedenfalls
sicher noch nie in meinem Leben gegessen. Wenn es etwas gibt, auf das ihr zu
Hause auf mich eifersüchtig sein dürft, dann ist es das.
Nun war es, aller Euphorie über die herrlichen Mangos zum
Trotz, ernüchternd zu hören, dass -so wie mir später eine Dermatologin
erklärte- der Verzerr von Mangos im Zusammenspiel mit der unaushaltbaren Hitze
zu Hitzeausschlägen führen können. Wie man bereits aus dem vorherstehenden Satz
schließen kann, befiel mich so ein Hitzeausschlag (da das Gespräch mit der
Dermatologin nicht nur durch den Drang nach Wissenserweiterung motiviert war). Dieser
Hitzeausschlag war auch der Grund, warum ich am Dienstag wieder zurück nach
Vijayawada fuhr. Offene Stellen zierten speziell meine rechte Gesichtshälfte; gejuckt
hat es wie verrückt. Mittwoch- und Donnerstagnachts juckte es so sehr, dass ich
teilweise nicht mal schlafen konnte. Hin fassen durfte ich natürlich nicht, doch
gelang es mir nicht immer mich zusammen zu reißen. Irgendwann war es mir nicht
einmal mehr möglich meinen Mund weiter
zu öffnen, da speziell auch meine Wange in Mitleidenschaft gezogen wurde
-> essen konnte ich nur Kleingeschnittenes, und Lachen war sowieso das
Unangenehmste. In Indien nennt man das, was ich da hatte, ‚Heatballs‘ -
erklärte mir die Dermatologin, welche mir das Leben rettete mir der Salbe und
den Tabletten, die sie mir verschrieb. Nach ein paar Tagen gingen die Heatballs
nämlich tatsächlich zum Glück allmählich wieder zurück. Im Zusammenspiel mit
einem zusätzlich noch verdorbenen Magen und einer Fiebererkrankung (wohl aus
einem, durch die Hitze, geschwächten Immunsystem heraus entstanden) qualifizierte
sich die vorletzte Woche jedenfalls für eine Nominierung für meine schlimmste
Woche in Indien.
Soweit zu meiner vorletzten Woche. Hat sich jetzt alles ein
bisschen dramatisch angehört, aber schließlich hab ich es überlebt und
mittlerweile geht’s mir wieder gut.
Nun zu Vimukti. Ich bin zugegeben schon sehr gespannt auf
die nächsten paar Wochen, einfach weil der Mai Summer Camp Zeit ist! Summer
Camps sind quasi mit Lerncamps zu vergleichen, die bei uns zum Beispiel von
Nachhilfeorganisationen organisiert werden -> in diesen lernen die Kinder
was, haben aber auch ihr Freizeitprogramm; auch Navajeevan bietet diese
öffentlich an. Ein Kind, welches Nachhilfe benötigt oder interessiert an den
verschiedenen, angebotenen Workshops ist, wird von den Eltern einfach
angemeldet -> die meisten Summer Camp Kids kommen aus ganz gewöhnlichen
Familien. Und eines dieser Summer Camps findet auch in Vimukti statt. Insgesamt
sind es etwa 30 Summer Camp Kinder, die wir derzeit in Vimukti haben. Und ich
muss sagen, dass ich die Zeit bisher total genieße. Es ist einfach eine sehr
nette Abwechslung -> zwar haben die Summer Camp Kids ein anderes Programm
als meine Vimukti Burschen, jedoch
überschneidet sich die Zeit in der alle Freizeit haben, und in dieser Zeit habe
ich letzte Woche schon des Öfteren mit den Summer Camp Kids gespielt,
gequatscht und festgestellt, dass sie sehr interessiert und aufgeschlossen für
neue Sachen sind. Natürlich vernachlässige ich jetzt meine Burschen nicht, aber
nachdem meine Gruppe einfach auf nichts außer Cricket wirklich Lust hat,
überlege ich jetzt eben für die Summer Camp Kids so Aktivitäten wie die
Football Class, welche ich ja schon so lange gerne mal über eine längere Dauer und
strukturiert durchziehen würde, zu veranstalten. Aber selbst wenn diese auch
mit den Kids nicht klappen sollte, bin ich froh, dass jetzt wieder ein frischer
Wind in Vimukti weht -> welcher unter anderem auch deshalb weht, weil einige
neue Staff Member, welche einfach wirklich was von ihrem Job zu verstehen
scheinen und mit welchen man sich auch schlichtweg gut unterhalten kann, beim
Summer Camp mit dabei sind (unter anderem ist auch Anand Kumar dabei, der
ehemalige Volontärsverantwortliche, mit dem ich mich sehr gut verstehe und der
jetzt auch bei mir im Zimmer schläft).
Das Summer Camp ist ein bisschen eine Motivationsspritze für
mich, Sonntagabends wieder ins Vimukti zu fahren. Wie schon vorhergehenden
Blogeinträgen zu entnehmen war, läuft es sonst einfach gerade nicht so rosig
mit meinen Vimukti Burschen. Letzte Woche ist wieder einer weggelaufen, ein
neuer dazugekommen. Wahrscheinlich liegt es aber nicht nur an der Fehlplanung
in Vimukti, dass ich frustriert war/ nach wie vor ein bisschen bin. Manchmal
entwickeln sich Dinge einfach anders als wie man sich es vorgestellt hat. Mein
Volontariat in Vimukti hat sich auch nicht so entwickelt wie ich es mir
vorgestellt habe. Aber irgendwie gilt es hierbei wohl einfach den Blick auf das
Positive zu wahren; was gelungen ist, was sich entwickelt hat. Aber es liegt
eben in der Natur des Menschen, sich von Dingen, die weniger gut verlaufen
sind, viel mehr beeinflussen zu lassen, als von dem, was gelungen ist/ was gut
gelaufen ist. So ist es auch bei mir. Ich schaffe es zwar, das Problem das ich
habe, hier in Worte zu fassen, schaffe es aber trotzdem nicht, es auch im
Herzen zu realisieren. Der Blick bleibt versteift auf das was nicht gut
gelaufen ist, was schon seit Jänner falsch läuft -> das Field Work Programm
(was genau das Field Work Programm ist, kann man in meinem vorhergehenden
Blogeintrag nachlesen). Aber nicht nur der Gedanke an das Field Work Programm
erschwert mein Herz, nein, in Wirklichkeit ist es nicht nur das. Es sind so
viele Prozesse die derzeit in mir in Gang sind; so vieles, das sich gerade
entwickelt. Ich weiß, dass ich nach dem Jahr als ein bisschen wer anderer nach
Hause kommen werde. Zu viel Dinge die ich gesehen habe, mein Herz für sich gewonnen
haben. Doch neben all den voranschreitenden Prozessen, ist es Unzufriedenheit,
die sich in meinem Herzen ausbreitet, da trotz aller Entwicklung, nach wie vor
Dinge in meiner Gedankenwelt an Größe und Einfluss gewinnen, von denen ich
gehofft hatte, sie nach 8 Monaten Einsatz in meiner Entwicklung bereits zurück
gelegt zu haben. Immer wieder dieser selbst auferlegte Druck: „Ich bin nicht
der, der ich sein sollte; ich bin nicht der, der ich sein sollte,…“ Was mich
noch mehr frustriert, als Vimukti, ist die Angst, den Anforderungen an mich
selbst einfach nicht gerecht werden zu können. Ich finde ständig neue Fehler.
Irgendetwas das nicht stimmt. Nicht so sein sollte. Und es frustriert mich. Und
dann stelle ich wieder fest, wie egoistisch es von mir ist, so viel mit mir
selbst beschäftigt zu sein. Schließlich bin ich für die Kinder da und möchte für sie eine Stütze sein. Wenn ich mit den Kindern zusammen bin,
kann ich meine Fehler vergessen und erkenne den Schatz, der mich mit meinen
Problemen in den Schatten stellt. Ein Kind das lacht. Ein Kind mit einem so
viel schwierigeren Hintergrund als ich. Und doch lacht es während ich grüble
und mir den Kopf zerbreche. Und es schnürt mir die Kehle zu. Und ich
hinterfrage mich erneut. Und ich erkenne Gott. Und wie er mich durch das Kind
anlächelt. Und der Moment scheint in die Ewigkeit zu rücken. Und ich lege
meinen Kopf in den Nacken und blicke hinauf in den Nachthimmel. Und mein Blick
ist in 1000 Träumen verflogen auf die Millionen Sterne gerichtet. Und es ist
wie ein Atmen der Seele.
Ein Wechselbad der Gefühle. So lässt sich meine Situation
derzeit wohl am besten beschreiben.
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