Mittwoch, 3. August 2011

Erster Blogeintrag

Namasté!

Wir haben heute den 3. August 2011. In genau 27 Tagen um 7 Uhr in der Früh wird mein Flieger von München aus nach Indien starten (gut nicht direkt nach Indien - davor gibt es noch einen Zwischenstopp in Paris, aber das ist jetzt eher sekundärer Natur). Ich dachte mir jedenfalls, ich könnte die etwas karge Beschreibung über mich und mein Indien-Projekt in dem Kästchen links von hier noch ein wenig ergänzen, in dem ich erzähle WARUM ich mich überhaupt entschlossen habe auf Volontariatseinsatz zu gehen.

Also: Warum habe ich mich entschlossen für ein Jahr nach Indien zu gehen?

Mehrere Aspekte spielen hier eine Rolle. Einerseits ist es die Realisierung, wie gut es uns hier in Österreich geht und wie ungerecht die Verteilung von arm und reich auf der ganzen Welt ist. Ich möchte meinen Teil für eine bessere Welt beitragen und ein bisschen was von dem Glück, das mir hier zu Teil wurde, an Menschen, die weniger Glück hatten, weitergeben. Ein weiterer Aspekt ist, dass mir klar wurde, dass dies meine mögliche letzte Chance ist, aus Österreich für lange Zeit hinauszukommen und etwas Neues kennen zulernen - eine neue Kultur, eine neue Welt. Später werde ich wahrscheinlich studieren oder etwas in der Art, da wird so ein Einsatz wohl nicht mehr möglich sein. Eine weitere Überlegung die mich zu dieser Entscheidung geführt hat: In Österreich haben wir eine Kultur des Materialismus und des Konsums, das ist es, wofür die meisten Menschen hier leben; die Leute halten ihren Wohlstand für derart selbstverständlich, dass ihnen gar nicht bewusst ist, wie viel mehr es auf der Welt eigentlich zu finden gäbe. Ich glaube, dass viele Menschen in Entwicklungsländern in manchen Bereichen viel reicher sind als Menschen unserer westlichen Zivilisation; auch wenn die Leute in verarmten Ländern keinen Wohlstand haben, so besitzen sie dort dennoch etwas viel wichtigeres, und zwar den Blick auf das Wesentliche im Leben. Sie schätzen Dinge wie Essen und Trinken einfach viel mehr und sind dankbar dafür, wenn sie es bekommen. Während sich die Menschen unserer Leistungsgesellschaft für jedes Fünkchen Ansehen und ein höheres Gehalt abmühen, werden die Menschen ärmerer Erdteile viel weniger geblendet von solchen im Endeffekt Nebensächlichkeiten und da sie nur sich selbst haben, konzentrieren sie sich viel mehr auf innere Werte, Glaube und Liebe zueinander, und das ist es auch, was im Endeffekt wirklich zählt. Darum möchte ich diese Reise antreten, um meinen Horizont zu erweitern und um eine völlig neue Welt, beziehungsweise eine ganz andere Wertvorstellung kennenzulernen. So wie ich von den Leuten dort zu lernen hoffe, so möchte ich auch ihnen mit Hilfe und Unterstützung, so gut ich es kann, eine Bereicherung für ihr Leben sein. Speziell Jugendliche und Kinder brauchen diese Unterstützung, brauchen jemanden, der ihnen unter die Arme greift und für sie da ist. Aber egal wie sehr ich versuchen werde, dort eine helfende Stütze für ein gelingendes Leben zu sein und das Leben der Leute zu verbessern, ich werde gewiss mehr mitnehmen als ich dort lassen kann. Natürlich muss auch erwähnt sein, dass ich mir im Klaren bin, dass der Einsatz gewiss nicht nur aus positiven Erfahrungen bestehen wird. Ich bin mir bewusst, dass ich mich am 30. August auf eine Reise in die absolute Ungewissheit begeben werde, in eine Kultur die im völligen Gegensatz zu der meinen Kultur steht, und mir ist klar, dass dieses Auslandsjahr eine große Charakterprüfung sein wird. Allerdings frage ich mich: Wann gibt es im Leben schon so was wie Gewissheit? Ich kann mich natürlich mein ganzes Leben lang zu Hause verstecken und ein abgesichertes Leben führen, aber ich denke seinen persönlichen Seelenfrieden findet man dadurch wahrscheinlich nicht.

Erwähnenswert scheint mir noch, dass mich einige Leute in letzter Zeit gefragt haben, was denn genau der Sinn einer solchen Reise eigentlich ist. Und ehrlich gesagt, ich konnte nicht sofort darauf antworten. Denn, wenn ich so darüber nachdenke: Weltbewegendes werde ich dort wahrscheinlich nicht verrichten können. Ich gehe nicht davon aus, dass ich die neue Mutter Theresa oder so werde. Aber wenn ich auch nur 2 oder 3 Kindern dort helfen kann, dann habe ich schon was erreicht. Wer will darüber urteilen können welchen Wert das hat? Vielleicht entwickeln sich aus diesen 2 -3 Kindern eines Tages Persönlichkeiten, die tatsächlich was in ihrem Land bewirken können, es aber ohne Hilfe wohl nicht von der Straße weggeschafft hätten. Auf außen hin verliere ich vielleicht ein Arbeits- oder ein Studienjahr, aber schaut man einmal hinter die Kulissen, so entdeckt man wie viel mehr eigentlich dahinter steckt; ich werde dort gewiss viel mehr erhalten als ich in Österreich in einem Jahr jemals erhalten könnte. Inspiration für einen vielleicht völlig neuen Lebensweg, Realisierung bzw. Bewusstmachung in was für einer Welt wir eigentlich leben und was im Leben wirklich zählt - wer will das mit Geld aufwiegen können?

Abschließend ein Gedanke bzw. ein Satz, den mir meine Mutter einmal gesagt hat, und der ebenfalls stark in meine Entscheidung mit eingeflossen ist: Der Mensch ist für den Menschen, und nicht für sich selbst da. Ich glaube in diesem Satz besteht eine gewisse Lebensweisheit, die vielen Menschen unserer westlichen Gesellschaft nicht mehr wirklich geläufig ist.

1 Kommentar:

  1. Lieber Konstantin,
    ich schätze deinen Optimismus und bin erstaunt über deinen Ehrgeiz. Ich wünsche dir, dass du während deines Aufenthalts alles findest, was du suchst. Allein, dass du diesen Schritt wagst zeigt mehr Charakter, als manche Menschen ihr ganzes leben lang.
    Trage Mut, Wahrheit und Ausdauer in deinem Herzen.
    Ein Satz noch, den mir eine, für mich sehr weise Frau gegeben hat. So schlicht in seiner Art, doch trotzdem so wahr. Mit einem Lächeln im Gesicht geht alles gleich viel einfacher.
    HB

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