Sonntag, 13. November 2011

Mein Trip nach Vishakaphatnam



Wie bereits schon vor 2 Wochen die Möglichkeit angekündigt, so war es die vergangene Woche nun tatsächlich der Fall, dass ich einfach nicht dazugekommen bin meinen Blog zu schreiben. Detail am Rande bevor ich anfange über die letzten 2 Wochen zu schreiben: Das Camp in Vimukti hat noch immer nicht begonnen, nach aktuellem Plan fängt es kommenden Donnerstag an, aber wer weiß mit was für spontanen Planänderungen ich die nächsten Tage wieder konfrontiert werde. Ich nehme es jedenfalls wenig überrascht und nüchtern hin. Ohne weitere Umwege fange ich jetzt mal an zu schreiben, und zwar  mit Montag vor 2 Wochen, also dem 2. November.

In der Woche zwischen Montag und Donnerstag hatte sich eigentlich gar nicht so viel getan, außer einem kleinen Unfall am Montag. Ein Unfall als Folge dessen, barfuß im Shelter herumzulaufen. Und zwar bin ich auf ein kleines Stück Holz getreten in dem ein Nagel senkrecht nach oben herausgestanden ist. Als ich es aus meinem Fuß herausgezogen hatte, sah ich, dass der Nagel ein bisschen rostig war. Ich ging natürlich gleich vom Schlimmsten aus, entschloss mich aber erstmal abzuwarten ob sich die Stelle, in die der Nagel hineingerammt war, verfärben würde. Dumm war nur, dass die im Shelter kein Verbandszeug für meinen blutenden Fuß hatten. Jedoch, um ein bisschen die Spannung herauszunehmen, der Fuß verfärbte sich nicht, und die Wunde verheilte auch ganz gut. Jetzt ziert sie als gut verheilte Wunde -etwa 5 cm entfernt von der noch nicht ganz so gut verheilten Schnittwunde die ich mir beim Palmenklettern geholt hatte- meine rechten Fußsohle. Als Folge dieser Nagel Aktion renne ich jedenfalls nur noch mit Schlapfen im Shelter herum. Spektatkuläres gibt es von der Woche -zumindest bis Donnerstag- eigentlich sonst nichts mehr zu erzählen. Erwähnenswert an der Stelle scheint mir aber auch noch, dass das Unterrichten im Shelter immer besser funktioniert und mir auch immer mehr Spaß macht. Nach wie vor muss ich immer wieder mal ein bisschen lauter werden damit meine Schüler auch endlich tun was ich sage, aber ich habe den Eindruck, dass einige von ihnen mittlerweile echt schon gerne zu mir in die English Class kommen. Und auch wenn man immer alles 10 Mal erklären muss weil sich die Burschen einfach total leicht ablenken lassen und unkonzentriert sind, so ist es trotzdem irgendwie eine Freude wenn man eine Klasse hat, in der zumindest der Großteil lernwillig ist. Trotzdem muss an der Stelle auch erwähnt sein, dass ich mich schon sehr freue, wenn das Camp in Vimukti endlich wieder anfängt. Konrad und ich haben uns ein paar coole Aktivitäten überlegt, die wir mit den Vimukti - Neuankömmlingen machen werden. In Vimukti hat man einfach generell viel mehr Möglichkeiten, etwas zu unternehmen, da man dort auch den Platz hat. Im Shelter ist es einfach leider so, oder so kommt es mir zumindest vor, dass nachdem meine Class vorbei ist, immer nur derselbe, mittlerweile schon etwas langweilig gewordene, dahinplätschernde Trott von Ablauf stattfindet.

Nun bin ich doch wieder ein bisschen abgeschweift. Jetzt also gleich weiter zum letzten Shelter - Tag, zum letzten Tag in dieser vorletzten Woche mit einem gewöhnlichen, dahinplätschernden Ablauf - weiter zum Donnerstag. Voller Vorfreude begann ich diesen Tag im Shelter, da ich wusste, ich würde mich am nächsten Tag, schon um halb 4 in der Früh, bereits im Zug nach Vishakaphatnam befinden. Für die, die meinen letzten Blogeintrag nicht gelesen haben: Wir sind von den Volontären in dem Don Bosco Projekt in Vishakaphatnam eingeladen worden dort ein Wochenende zu verbringen und uns das Projekt anzuschauen. Die meisten Volontäre, die mit nach Vishakaphatnam fuhren, entschlossen sich zumindest halbwegs ausgeruht das Abenteuer morgens um halb 4 in der Früh im Bahnhof Vijayawada zu starten, und legten sich für die paar Stunden aufs Ohr - nur Martin und ich entschlossen uns die Nacht durchzumachen und dann einfach im Zug zu schlafen. Und so war es dann auch. Dem Einfinden im Zug und dem darauffolgenden Schlafen, ging aber unter Anderem noch ein nächtlicher Spaziergang zum Bahnhof voraus, bei dem es mir mit Erstaunen offenbarte, was für verrückte Orte manche Inder als Schlafplätze beherbergen (eine Handvoll zum Beispiel habe ich sogar auf der kleinen Grünfläche, welche die Sperrlinie zwischen den beiden Spuren der Hauptstraße markiert, schlafen gesehen); weiters vorangegangen war dem auch ein etwa Dreiviertel - stündiges Anstarren der Ankunftstafel bis wir wussten auf welchem Bahnsteig unser Zug einfahren würde. Mit einer indischen, bzw. einer -man könnte meinen- fast schon zum guten Ton gehörenden Verspätung verließen wir schließlich den Bahnhof Vijayawada. Wenn ich die beiden Zugfahrten, also die nach Vishakaphatnam und die nach Vijayawada zurück, vergleiche, so muss ich feststellen, dass die nach Vishakaphatnam doch um einiges aufregender und auch komfortabler war. Dass sie aufregender war verwundert jetzt vielleicht weniger, nachdem ihr Ausgangspunkt mitten in der Nacht in einem sehr belebten indischen Bahnhof stattfand und ich davor noch nie mit einem indische Zug gefahren bin. Komfortabler war die erste Fahrt deshalb auch, weil wir in einem Schlafwaggon untergebracht waren, in dem die Betten übereinander ausklappbar waren und in denen man, so finde ich, ausgezeichnet schlafen konnte. Die Fahrt dauerte 8 Stunden. Als die Sonne bereits aufgegangen war, setzte ich mich an die offene Tür -darauf hatte ich mich, seitdem ich in Indien bin, schon die ganze Zeit gefreut und davon aber bisher immer nur aus Erzählungen gehört-, setzte die Füße auf die Stufen die in den Zug hineinführen, hielt mich mit der linken Hand an der am Türrahmen montierten,  senkrecht nach oben führenden Sicherheitsstange fest, steckte mir die Kopfhörer meines Handys ins Ohr, legte mir den Soundtrack von dem Film Braveheart ein und bewunderte fasziniert und überwältigt die wunderschöne, abwechslungsreiche, schnell vorbeirauschende Landschaft Indiens. So schnell alles an mir auch vorbeirauschte, so ewig, so ruhig und so in sich selbst stimmig, schien jede Palme, jeder See, jedes angelegte Feld und jeder Berg mit der Welt einklingend und harmonierend den Gang der Dinge zu bewohnen und schon immer bewohnt zu haben.

Wir kamen etwa zu Mittag in Vishakaphatnam an. Am Bahnhof wurden wir von 2 Volontären sehr freundlich empfangen und dann weiter zur Projekt Zentrale gebracht, wo wir Father Thomas kennenlernten. Den restlichen Freitag schauten wir uns noch ein bisschen die Stadt an, wurden von den Shelter Boys mit einem eigenen Willkommensprogramm sehr herzlich empfangen, und gingen später auch noch mit ihnen Cricket spielen. Am nächsten Tag, Samstag, fuhren wir am Vormittag zum Strand - die Stadt liegt nämlich direkt am indischen Ozean. Ich fand den Strand sehr schön - es waren kaum Menschen dort und so besonders viel Müll lag, wie man es eigentlich annehmen könnte, auch nicht wirklich herum. Das Wasser war sehr warm und der Wellengang ziemlich hoch - letzteres stellte ich auch durch eine etwas schmerzhaftere Erfahrung fest; und zwar wurde ich, nachdem ich mich auf einen im Wasser hervorragenden Felsen gesetzt hatte, von einer höheren Welle vom Felsen einfach hinuntergespült - mit dem Rücken direkt auf einen dahinter positionierten, etwas niedriger liegenden und im Wasser versteckten Felsen. Doch damit nicht genug. Weiters hatte ich nach unserem Strandbesuch auch einen ziemlich unangenehmen Sonnenbrand am Rücken. Der große Verlierer dieses Besuches war also alles in allem mein Rücken. Die positiven Erfahrungen die ich von diesem Vormittag am Strand jedoch mitgenommen habe, überwiegen aber auf jeden Fall - das ganze Strandprogramm wurde durchgezogen: Schwimmen, einfach in der Sonne liegen, mit dem Frisbee hin und her schießen, ja sogar eine Sandburg habe ich gebaut (Bilder folgen noch!!). Mittagessen gingen wir zu einem Pizza Hut, welcher für mich schon Grund genug gewesen wäre diese Stadt zu lieben. Sowas wie Schinken- oder Salamipizza konnte man natürlich nicht bestellen, dafür waren bei einer Pizza die Hühnchenstückchen so zugeschnitten, dass sie wie Salamischeiben aussahen. Der Preis hatte sich zwar gesalzen, aber das war der Besuch allemal wert. Am Nachmittag fuhren wir dann zu einem Projekt außerhalb der Stadt. Die Fahrt hin und zurück dauerte zwar ziemlich lange, aber umso schöner war die entlegene Natur die wir dort bewundern durften. Das Projekt ist von allen Seiten von Palmen und Bäumen bzw. einigen Hügeln die sich in unmittelbarer Nähe befinden eingeschlossen. Die Luft war auch ein unvergleichliches Erlebnis - so nach Kräutern und Früchten duftend bzw. so rein und klar habe ich nicht mal die Luft in Vimukti in Erinnerung. Von daher auch nicht ganz vergleichbar mit meinem naturparadiesischen Projekt in Vimukti, aber einiges haben die beiden Projekte auf jeden Fall schon im Nenner. Auch hier wurden wir jedenfalls wieder mit einem eigenen Willkommensprogramm begrüßt; wie schon beim Willkommensprogramm von den Kindern in Vishakaphatnam wurde von den Kindern hauptsächlich etwas vorgetanzt. Manche konnten echt überraschend gut tanzen. Später wurden auch wir Volontäre gebeten zu tanzen - am Ende tanzte einfach jeder: Kinder, Leiter und wir Volontäre. Danach machten wir uns wieder auf den Weg zurück in die Stadt und waren ziemlich erledigt als wir dort ankamen, jedoch war es echt ein sehr netter Abend. Während der Busfahrt zurück nach Vishakaphatnam kam ich ins Gespräch mit einem Lehrer; wir sprachen über den 1. Weltkrieg und inwiefern Österreich an dessen Ausbruch Schuld war. Das war mal ein sehr interessantes Gespräch. Eine traurige Tatsache ist übrigens auch, dass der einzige Österreicher der in Indien bekannt ist, Adolf Hitler zu sein scheint. Zumindest war das bis jetzt der einzige Name, nach welchem mich die Inder nicht mehr fragend angeschaut haben. Wie auch immer, am  nächsten Tag, also am Sonntag, war jedenfalls nicht mehr viel Zeit etwas zu unternehmen - der Zug verließ schon zu Mittag den Bahnhof. Den Vormittag nutzten wir noch um uns den Marktplatz anzuschauen. Dann hieß es schon wieder Abschied nehmen. Die bereits erwähnte Rückfahrt war aus dem Grund weniger komfortabel, weil wir diese in der normalen Passenger Class verbrachten - also zusammengepfercht in einem immer voller werdenen Waggon.

So viel also zu meinem Trip nach Vishakaphatnam. Übrigens, erwähnenswert fände ich noch, dass sich dort auch zwei andere Volontärinnen von Jugend Eine Welt befinden - war sehr interessant mal zu hören wie sie ihre Zeit so erleben und was sie durchmachen. Wenn ich es mir so überlege war das bis jetzt eigentlich das schönste Wochenende, dass ich in Indien hatte. Vielen Dank also an der Stelle nochmal an all die Volontäre in Vizag (so wird die Stadt auch genannt) bzw. an Father Thomas.
Nun, ich muss langsam zu einem Ende kommen. Ich sollte heute noch einiges erledigen und die Zeit wird knapp. Über die letzte Woche gibt es zum Glück eh nicht mehr wirklich etwas zu erzählen. Außer dass ich es geschafft habe, mich auf der Suche nach einem Coffee Shop im westlichen Teil der Stadt von Vijayawada zu verirren, bzw. bei der Busfahrt zum 'Shelter Picnic' (welches jeden Freitag im Kinderdorf Chiguru stattfindet), bei der Überquerung eines besonders großen Schlagloches (nach der Regenzeit sind die Straßen oft voll mit Schlaglöchern da Teile von der Straße oft einfach fortgespült werden), meinen Kopf gegen eine hervorstehende Schraube zu schlagen. Um ehrlich zu sein ist mir das sogar 3 Mal passiert, da ich im Bus ein Nickerchen gemacht habe, und dabei im Schlaf mit dem Kopf immer ein Stückchen näher zur bösen Schraube gerutscht bin - sobald es dann über ein größeres Schlagloch gegangen ist -> Zack. Vorallem an der Stirn ist mir eine Erinnerung an diese Fahrt geblieben. Schrauben und Nägel waren also nicht gerade meine besten Freunde in letzter Zeit.

Ich glaube zwar mit diesen zwei kleinen Highlights die letzte Woche nicht ganz vollständig resümiert zu haben, aber was einem zuerst in den Kopf kommt (und nein das sollte jetzt keine Anspielung auf meine Schrauben Geschichte sein), ist bekanntlich auch das Wichtigste. Darum verabschiede ich mich jetzt mal und mache mich meines Weges.

Viele liebe Grüße aus Indien

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