Samstag, 17. März 2012

Der Halbzeitpausenbericht! (Vorsicht -> Überlänge)


3 Wochen ist es nun schon her, als ich das letzte Mal über mein neues Leben in Indien geschrieben habe. Natürlich hängt der Grund für diese lange Schreibpause auch damit zusammen, dass mich Ende Februar meine Familie für 2 Wochen lang in meinem Projekt besucht hatte und wir zusammen auf Urlaub gefahren sind - da sich ihr Besuch über die letzten beiden Sonntage gestreckt hatte, kam ich leider nicht dazu, einen neuen Blogeintrag zu schreiben. Wahrscheinlich war das auch das Einzige, das mir während ihres Aufenthaltes ein wenig gefehlt hat; das Reflektieren und schriftliche Festhalten der erlebten Eindrücke. Während ihrem Verweil in Indien kam ich einfach nicht zum Schreiben, dazu fehlte mir die Energie und die Zeit.
Denke ich jetzt noch an die Zeit von vor 6 ½ Monaten, kurz vor meinem Einsatz, so bleibt mir mittlerweile wirklich nichts anderes mehr als zu Schmunzeln. Was ich mir in dieser Zeit für Vorstellungen von meinem Einsatz gemacht habe! Ich bin ein hoffnungsloser Träumer; das war schon immer so. Zu einem Problem wird die Sache mit dem träumen nur, wenn sie in realistische, vernünftige Gedanken miteinfließen, die sich ein Mensch von Zeit zu Zeit nun mal machen muss, oder zumindest machen sollte. Nicht falsch verstehen, ich rede jetzt nicht von Träumen bezogen auf die Berufswahl oder so -in diesem Bereich zu träumen halte ich sogar für ausgesprochen wichtig und vernünftig-, ich rede von der Art Träumen, bei welchen man sich in seinem Kopf in Idealismus verloren gegangene Vorstellungen von einer gewissen Sache macht. Ein gewisser Draht zur Realität sollte bei dieser Art von Träumen nun mal gewahrt bleiben. Und der ging in meinem Kopf, damals, kurz vor Einsatzbeginn, eindeutig verloren. Im Leben hängt oft vieles davon ab, wie man sich bei einer Sache, die man sich vornimmt, den Maßstab setzt. Und was sich in meinem Kopf vor dem Einsatz als Maßstab etablierte, waren die 3 Jahre, die mein Vater in meinem Alter in Papua Neuguinea, ebenfalls auf Einsatz, verbracht hatte. Es ist nicht so, als ob ich mir gedacht hätte, dass ich das Jahr in Indien, nur weil mein Vater 3 Jahre in Neuguinea überstanden hatte, ganz ohne Probleme packen würde; jedoch schwoll in mir deswegen ein gewisser Ehrgeiz heran, der mir einzureden begann, auf keinen Fall Schwäche zeigen zu dürfen. Aufgrund dieses dummen Ehrgeizes war ich anfänglich auch überzeugt davon, dass mich meine Familie gar nicht besuchen bräuchte und sich das Geld lieber aufsparen sollte, da mein Vater ja schließlich auch 3 Jahre ohne Familie überstanden hat. Ja, so dämlich kann das menschliche Gehirn, blind vor Ehrgeiz, funktionieren. In meinem Kopf habe ich aufgrund des eben erwähnten Ehrgeizes den Gedanken, ein Jahr von meiner Familie getrennt zu sein, überhaupt nicht realistisch behandeln können. Worauf ich mit dieser Gedankenreflektion eigentlich nur hinaus will, ist der Versuch, zum Ausdruck zu bringen, wie sehr mir meine Familie gefehlt hat und wie unglaublich erleichtert ich war, als ich meine Eltern und meine Schwester nach einem halben Jahr ohne sie wieder in die Arme schließen durfte. Auch wenn mir mein Bruder und meine Nichte sehr gefehlt haben, da es sich für sie zeitlich leider nicht möglich war, mich zu besuchen. Aber ja, man kann halt auch nicht alles haben. Hand in Hand geht mit dieser Gedankenreflektion ebenfalls die persönliche Erkenntnis, dass es im Leben darum geht, seinen eigenen Weg zu gehen, seine eigene Geschichte zu schreiben - ganz im eigenen Stil. Es ist ein Fehler, den eigenen Weg, mit einem anderen, beeindruckender wirkenden Weg zu vergleichen, da ich überzeugt davon bin, dass der Weg, den man gerade beschreitet, auch wirklich der für einen bestimmte Weg ist, und so wie dieser gerade verläuft, so verläuft er eben. Es ist dann halt immer eine Frage, mit welcher Einstellung und Perspektive man seinen Weg beschreitet – je nach Einstellung und Perspektive geht man im Leben größere oder kleinere Umwege. Aber ich möchte jetzt nicht zu weit ausholen; was mir am Herzen lag ist gesagt. Danke an meine Eltern und meine Schwester jedenfalls nochmal dass ihr mich besucht habt, ich denke bereits jetzt schon voller Nostalgie an euren Aufenthalt zurück.

Nun möchte ich ein wenig informationsreicher auf den Aufenthalt meiner Familie eingehen: Ende Februar landeten sie in Hyderabad, mit 8 Millionen Einwohnern die Hauptstadt des Bundesstaates Andhra Pradesh. Für 3 Tage wurde von meinem Vater in dem Stadtteil Secunderabad ein Hotel gebucht; ich stieß erst am 2. Tag ihres Aufenthaltes hinzu -nach 8 stündiger Zugfahrt kam ich ca. um 21 Uhr am Bahnhof Secunderabad an und fuhr mit einer Autorikscha zum Hotel-. Hyderabad ist, ob des Wahnsinns Verkehrs, der erdrückenden Bevölkerungsdichte, des unaushaltbaren Lärms und des stetig überlaufenden Mülls, wahrscheinlich für jeden, der das erste Mal Indien besucht, erst einmal ein ziemlich heftiger Kulturschock. So erging es meiner Familie auch nicht anders. Vijayawada hat den eben genannten Stadtwahnsinn zwar ebenfalls zu bieten, jedoch in erträglicherem, nämlich 10 Mal kleinerem Ausmaß (ca. 800.000 Einwohner). Jedenfalls besichtigten wir in Hyderabad ein paar Sehenswürdigkeiten – so viele halt der zeitliche eingeschränkte Aufenthalt zuließ. Eine Nacht übernachtete ich mit meiner Familie im Yatri Nivas Hotel – ein schönes, großes Hotel, mit ausgezeichnetem Essen (3 Restaurants waren auf der Hotelanlage zu finden!). Schließlich fuhren wir am letzten Tag unseres Hyderabad Aufenthalts, am Nachmittag, mit dem Zug los nach Vijayawada. Dort, nach einer etwa 7 stündigen Zugfahrt angekommen, zeigte ich ihnen die darauffolgenden Tage mein Projekt Vimukti, das Kinderdorf Chiguru, die Volontärsunterkunft, machten einen Ausflug in die nahegelegene Stadt Guntur, gingen ein paar Mal in Restaurants, die ich persönlich schon ein paar Mal ausprobiert und als sehr gut erachtet hatte, zeigte ihnen die Stadt und ein paar schöne Geschäfte, und natürlich lernten sie die Projektzentrale Yuva Bhavan kennen, in der sie in den Gästeräumlichkeiten übernachteten bzw. Father Arogia wie auch den Leiter von Navajeevan, Father Koshy, kennenlernten. Ich denke in Vijayawada hat es ihnen doch um eine ganze Spur besser gefallen als in Hyderabad. Interessant ist, wie oft ich während ihres Aufenthalts auf extravagante Erlebnisse aufmerksam gemacht wurde, die für mich mittlerweile zu einem selbstverständlichen Teil meines Lebens geworden sind. Hervorgehoben sei hierbei in erster Linie der Verkehr, der für jeden Europäer zu Beginn mit Sicherheit mal ein ziemlicher Schock ist. Und so begann ich mich zurück an meine Anfangszeit zu besinnen, und konnte allmählich die Verblüffung über den Verkehrswahnsinn nachvollziehen. Mit welch Gelassenheit und Coolness sich die Inder auf einer Kreuzung, in dutzenden Fortbewegungsmitteln jedvorstellbarer Art und Form, in einem einzigen Wirrwarr, an Kühen und Straßenverkäufern -die sich mitten auf der Kreuzung herumtummeln-, bzw. an all den anderen Fahrzeugen -dabei meist nur ein paar Zentimeter voneinander entfernt- vorbeischlängeln. Das war nur ein Punkt von einigen, die mich besinnen und auch mal wieder ein wenig aufwachen ließen, in was für einem irren Land ich da doch eigentlich für ein Jahr gelandet bin. Ja, ihre Reaktionen waren völlig angebracht, und das begann ich zunehmend zu realisieren.

Aber der eigentliche Höhepunkt ihres Aufenthalts sollte noch folgen (zumindest für mich). Wie ein Schneekönig hatte ich mich bereits Wochen vor ihrem Besuch auf unsere 4 Tage Urlaub in Kerala gefreut. Ich war zugegeben ein wenig nervös, bevor die Reise, in einer schwülen Montagnacht, mit einer 6 stündigen Zugfahrt nach Chennai (ehemals Madras) -in dem Bundesstaat Tamil Nadu gelegen-, losging. Ich hatte noch nie zuvor eine Reise, über ein Reisebüro, geplant, und das erst recht nicht in Indien. Aber ich versuchte zuversichtlich und selbstsicher auf meine Familie zu wirken, und ich denke dass sie mir das auch abgekauft haben. Dienstagmorgen in Chennai ankommend, warteten wir auf dem Bahnsteig auf den Fahrer unseres am Vortag in Vijayawada bestellten Pre-Paid Taxis, der uns, wie abgemacht, am Bahnsteig abholen und zum Flughafen bringen sollte. Nun kam der aber natürlich nicht, und wir machten uns auf die Suche nach anderen Pre-Paid Taxis. Zwar wurden wir fündig, mussten allerdings auch ein wenig mehr, als es der aktuelle Tarif verlangt, bezahlen. Typisch Indien, aber wir waren müde und die 200 Rupien mehr rissen uns jetzt auch kein Bein aus. Ein paar Stunden später folgte der Flug nach Kerala, in die Stadt Kochi. Beim Flug gab es keine weiteren Schwierigkeiten (außer dass ich natürlich bei der Kontrolle vergaß meine Schere und mein Taschenmesser aus dem Rucksack zu geben und die Sachen folglich am Flughafen lassen musste). Vielleicht wundern sich jetzt manche, warum wir nicht einfach mit dem Zug nach Kerala gefahren sind, und ja, zuallererst kam auch mir diese Idee in den Sinn (da sie zudem auch deutlich günstiger ausgefallen wäre), jedoch wäre Kerala, obwohl es genauso wie Andhra Pradesh im südlichen Indien liegt, nochmal weitere 18 Stunden mit dem Zug entfernt gewesen, und das wollte ich meiner Familie einfach nicht zumuten. Im tropisch heißen Kochi jedenfalls angekommen, sollten wir von unserem, vom Reisebüro organisierten, Fahrer im Ankunftsbereich mit einem Schild empfangen werden. Nun blieb unglücklicher Weise zunächst auch das aus. Ein paar Minuten später erschien er allerdings zum Glück, und in einem angenehm klimatisierten Auto, fuhren wir daraufhin zu unserem ersten Halt, dem Hotel Monte Christo auf 1600 Meter Höhe in der naturparadiesischen Hügelregion Munnar.

Die Temperatur in dieser Region war angenehm mild und damit eine echte Wohltat für mich nach den letzten unaushaltbar heißen Wochen in Vijayawada und Vimukti. All die Hügel waren fast vollständig umsäumt mit wohlgepflegten Teepflanzen, die den Anblick der Hügel mit einem übernatürlich schimmernden, saftigen Grün ausstattete. Natürlich waren auch einige Bäume, speziell im Umkreis um unser Hotel, zu finden. Unser Hotel wirkte ein wenig urig und eher traditioneller Natur. Die Innenausstattung war zu einem großen Teil Holzverkleidet und wirkte freundlich und einladend. Im ersten Stock war ein öffentlich zugänglicher Raum mit einer großen Glasveranda, und mit gemütlichen Möbeln ausgestattet, damit man von dort aus die einen umgebende, in sich stimmende, stille und durch einen angenehm vorbeiziehenden Wind raschelnde und flüsternde Natur bestaunen konnte. Übrigens waren wir die einzigen Gäste in diesem Hotel. Das Personal war die ganze Zeit über sehr höflich und zuvorkommend. Die Atmosphäre dieses Ortes vermittelte Zufriedenheit, Gelassenheit, Harmonie und Frieden. Perfekt um sich von einem stressigen Alltag bzw. Leben zu erholen. Auch das Essen war, die ganze Zeit über die wir dort verweilten, ein einziges Gedicht, unmöglich zu vergleichen mit dem Essen in Vimukti. Zudem lud die Umgebung sehr zu Spaziergängen und Wanderungen ein. Am Mittwoch machten wir ein paar Einkäufe in einem nahegelegenen, kleinen, netten Dorf und wurden in einem Ayurveda Massage Center am Nachmittag massiert. Am letzten Abend unseres Aufenthalts -leider war dieser Abend ebenfalls dem Mittwoch angehörig, da wir nur 2 Tage dort waren- machten wir ein Lagerfeuer auf einer der Lagerfeuerplätze des Hotels. Unser Fahrer, der uns übrigens nicht nur von Kochi nach Munnar, sondern während unseres gesamten Kerala Urlaubs überall hin brachte, machte uns an jenem Abend auch aufmerksam, dass wir am nächsten Morgen um halb 9 in der Früh abfahrbereit sein müssten. Am Donnerstag in der Früh hieß es dann also sich wehmütig von diesem Ort zu verabschieden. Ich für meinen Teil war jedoch bestimmt nicht das letzte Mal in Munnar.

Äffchen im Tigerreservat in Thekkady, am Überlegen ob er an
mir hochklettern und mir den Keks klauen soll
Am Donnerstag ging es dann in die Stadt der Gewürze, nach Thekkady. Donnerstag war mit Sicherheit der ereignisreichste und anstrengendste Tag unseres Urlaubs. Auf dem Weg nach Thekkady machten wir plötzlich halt, um eine Gewürzplantage zu besichtigen. Während unserer Besichtigung wurde uns von einer Führerin der Name und Zweck jeder angebauten Pflanze erklärt, was teilweise sogar ziemlich interessant war. Nach der Besichtigung hatte man noch die Möglichkeit, in einem Shop die besichtigten Gewürze, in allen möglichen verarbeitenden und zubereitenden Formen, zu kaufen. Ein paar Gewürze und Kräuter kauften wir uns. Dann ging die Fahrt weiter. Nachdem wir nach einer ca. 4 stündigen Fahrt in der Region um Thekkady ankamen, fuhren wir, noch bevor wir ins Hotel fuhren, in einen nahe gelegenen Wald zum Elefantenreiten. Eine interessante Erfahrung; so ein Elefant kann ja doch ziemlich groß werden, folglich ist es ein sehr eigentümliches aber faszinierendes Gefühl, auf so einem riesigen Tier zu reiten. Im Anschluss fuhren wir in ein Tigerreservat. Am spannendsten fand ich persönlich jedoch die unzähligen Affen, die sich am Eingang des Reservats miteinander stritten und meiner Mutter sogar das Essen aus der Hand klauten -einer wollte zudem an mir hochklettern da ich gerade einen Keks in der Hand hatte, mit dem ich den Affen eigentlich füttern wollte, jedoch wurde mir von dieser Unternehmung im letzten Moment abgeraten. Durch das Tigerreservat zog sich ein langer, künstlich angelegter See, den wir mit einem Boot befuhren um Ausschau nach Tieren, speziell Tigern und Leoparden, zu halten. Außer ein paar Elefanten (die ich persönlich jetzt nicht so spannend fand da ich ein paar Stunden zuvor schließlich auf einem geritten war), Antilopen, Wasserbüffeln, Warzenschweinen und Schildkröten bekam man bei jener Safari jedoch leider nicht allzu viel vor die Kameralinse. Am späten Nachmittag erreichten wir schließlich, mittlerweile doch etwas geschafft, unser Hotel, welches am Rande der Stadt Thekkady lag. Das Hotel lag in einer sehr ruhigen und eher traditionellen Umgebung, war jedoch selbst eher modern und sehr komfortabel eingerichtet - von den Fluren, bis hin zu den Zimmern und dem Restaurant. Speziell die Zimmer waren sehr geschmackvoll eingerichtet, hatten einen Balkon und auch einen Fernseher, auf welchem ich nach einem halben Jahr endlich mal wieder Fußball schauen konnte. Das Essen in diesem Hotel war ebenfalls ganz ausgezeichnet. Nach dem Abendessen gingen wir noch ein wenig die, direkt neben dem Hotel beginnende, Altstadt zu besichtigen, in der eine Menge traditionelle Stoff- und Gewürzläden zu finden waren. Neben dem indisch-traditionellen Obergewand für Männer, der Kurtha, bei welcher ich und mein Vater fündig wurden, kaufte ich ein paar scharfe Gewürze ein. Meine Mutter und meine Schwester waren nur sehr schwer von den Stoff- und Schmuckläden zu trennen, doch da sie in Vijayawada schon einiges in Stoff- und Schmuckläden besorgt hatten, war mittlerweile nicht mehr ausreichend Platz im Gepäck, um jetzt wieder zuzuschlagen. Soviel zu Thekkady, wo wir nur eine Nacht verbrachten, was ich eigentlich auch sehr schade fand, da mir die Umgebung um das Hotel ebenfalls sehr gut gefiel. Am Freitag in der Früh brachen wir dann jedenfalls wieder auf, zu unserer letzten Station, Allepey.

Unser Hausboot, kurz nachdem wir am Ufer für die Nacht

angelegt hatten
In der Stadt Allepey wurden wir diesmal jedoch nicht zu einem Hotel gebracht, sondern zu einer Ablegestation für Hausboote. Von Freitagmittag bis Samstagmorgen sollten wir auf einem solchen Hausboot verbringen. Von allen Zwischenstationen, von denen der  Reiseplan berichtete, war diese die mit am meisten Freude erwartete. Allepey liegt direkt an der Kumarakom Region, auch bekannt als die Backwaters -> eine verzweigte, unberührte, naturparadiesische Flusslandschaft die durch einige Seen und Lagoonen führt und die an den Ufern mit Palmen und dahinter liegenden Reisfeldern gesäumt ist. Auf unserem Hausboot aßen wir am Freitag, nach unserer Ankunft, zu Mittag. Und das Essen war ein überraschend herausragend gut schmeckendes Erlebnis. Denn auf dem Boot waren 2 Bootsleute zu finden, bei welchen einer der Steuermann war, und der andere der Koch; und dieser Koch schaute nicht gerade wie ein Gourmet Koch aus, eher wie ein Reisfeldarbeiter. In unendliche Höhen waren die Erwartungen an das Essen daher nicht geschraubt. Doch sogleich nach dem ersten Bissen war jeder Zweifel wie weggeblasen und nur noch dieses wunderbare Zusammenspiel aus ausgesuchten, herrlichen Gewürzen und perfekter, traditioneller Zubereitung zu schmecken. Noch lange werde ich an dieses Essen (welches sich zu Abend in fast noch übertreffenderer Zubereitung wiederholte) in so unbeschreiblicher Umgebung zurückdenken. Doch natürlich nicht nur der Gedanke an das Essen wird mir in Zukunft so manch nostalgischen Seufzer entziehen, auch einfach die Fahrt durch diese wunderschöne Region, in der man auf dem Gewässer so manche Transport- und Fischerkanus und an den Ufern Meeresfruchtgeschäfte, wie auch kleine Häuschen von Einheimischen besichtigen konnte. An einem solchen Meeresgeschäft machten wir auch Halt, da auf Anfrage der Bootsleute hin mein Vater Shrimps besorgen wollte. Ich habe Shrimps eigentlich immer abgelehnt, aber so herrlich gewürzt und geröstet zubereitet, wie ich sie zu jenem Abendessen vorfand, so würde ich sie wohl jeder Zeit mit Freuden wieder essen. Vor dem Abendessen hatten wir, kurz vor Einbruch der Dämmerung, an einer stillen, von jeglicher Zivilisation entfernten, naturparadiesischen Stelle angelegt, um die Nacht dort zu verbringen. Mein Vater, meine Schwester und ich gingen, nachdem wir angelegt hatten, in dem herrlich warmen Gewässer schwimmen. Nun fällt mir gerade ein, dass ich es bis jetzt verabsäumt habe, unser Hausboot zu beschreiben, daher jetzt eine schnelle Zusammenfassung: Unser Hausboot war im vorderen, überdachten, frei luftigen Bereich mit dem Esstisch, Sesseln, gemütlichen Bänken und einem Sofa ausgestattet, im mittleren Teil des Bootes befanden sich die beiden sehr komfortabel eingerichteten, vor Moskitos perfekt abgedichteten und Klimaanlagen beinhaltenden Schlafräumlichkeiten mit dazugehörigen Badezimmern, und im hintersten Teil war die Küche zu finden. Doch damit nicht genug, gab es sogar noch einen weiteren, überdachten, frei luftigen Bereich im zweiten Stock zu finden, welcher mit gemütlichen Möbeln ausgestattet war um die umliegende Natur noch besser, entspannter betrachten und in sich aufsaugen zu können. Nach dem Abendessen setzten wir uns zu traditioneller indischer Musik, einer Kerze und einer Flasche Wein in den zweiten Stock und unterhielten uns. Das Sternenzelt war, wenn man sich ein wenig über das Geländer beugte, sehr klar zu betrachten und neben der Musik war nur das Zirpen der Grillen und ein gelegentliches Platschen im Wasser zu vernehmen. Als wir uns am nächsten Morgen, nach einem sehr guten und sättigenden Frühstück wieder zurück zur Anlegestelle in Allepey machten, fiel es uns sogar noch schwerer, als wie in Munnar, Lebewohl zu sagen. Wahrscheinlich hing das aber auch damit zusammen, das wir auf dem Hausboot nur eine einzige Nacht verbrachten.

Schwermütig machten wir uns auf den Weg zurück nach Kochi, wo wir uns am Flughafen von unserem Fahrer verabschiedeten und zum Gandhi Flughafen nach Hyderabad flogen. Auf diesem Flughafen in Hyderabad trennten wir uns schweren Herzens wieder voneinander, denn ich musste, nachdem wir noch einige Stunden auf dem Flughafengelände verbrachten, zurück nach Vijayawada mit dem Zug fahren -welchen ich übrigens um ein Haar verpasst hätte- und sie flogen in der Nacht zurück nach Österreich. Tja, und so endete unser Urlaub wieder. Ich denke, dass ich mich sehr gut erholt habe und bin sehr dankbar, diese wunderschöne Zeit mit meiner Familie in Kerala verbracht zu haben. Das war gewiss nicht mein letzter Besuch auf diesem paradiesischen Fleckchen Erde gewesen. Hm... wenn man über eine so schöne Zeit so viel schreibt und erzählt und beschreibt, dann keimen gewisse nostalgische Gefühle in einem auf, und können ganz schwermütig machen… zumindest fühle ich mich gerade so. Aber ich bin froh wieder in Vijayawada und bei meiner Arbeit sein zu dürfen. Noch schwerer, als sich vom Urlaub zu trennen, wäre es mir wohl gefallen, mich von Indien zu trennen. Das wird in ca. 5 ½ Monaten auch wieder eine ganz eigene Herausforderung.

Nun, wieder einmal habe ich mich selbst übertroffen, was die Länge meines Berichts angeht. Und für die paar Lesenden, die sich bis hierher durchgeschlagen haben, habe ich, falls sie das noch schaffen, ein ganz kurzes Update über die aktuelle Vimukti Situation, die ich letzte Woche, nach meiner Rückkehr dorthin, erhalten habe:
Für kurze Zeit waren es in Vimukti letzte Woche tatsächlich 22 zu betreuende Burschen, da speziell in der letzten Woche einige Neue nach Vimukti gebracht wurden. Am Donnerstag jedoch verabschiedeten sich ca. 10 Burschen von uns, da sie, nach vielem Aufschieben und langem Warten, nun endgültig in ein Ausbildungszentrum vermittelt werden konnten. Ich war froh und gleichzeitig betrübt darüber, da ein paar von den Burschen, die da nun endlich vermittelt wurden, mir mittlerweile doch sehr ans Herz gewachsen waren, und ich sie zudem nun schon seit Anfang Dezember kannte. Kommende Woche sollen wieder eine Handvoll Burschen zu anderen Teilprojekten weiter vermittelt werden – gleichzeitig werden aber mit hoher Wahrscheinlichkeit auch wieder neue Burschen nach Vimukti kommen. Und alles in allem wird es wohl so enden, dass nächste Woche kein vertrautes Gesicht mehr in Vimukti vorzufinden sein wird. Und das bedeutet auch eine völlig neue Unterrichtssituation. Ich bin ja gespannt! :P

So, nun finde ich allerdings endgültig zu einem Ende. Danke an jeden treuen Leser der sich die Zeit für all den Text hier genommen hat! Und ohne weitere viel Umschweife wünsche ich euch noch ein schönes Wochenende!

Liebe Grüße aus Hindustan

Konstantin

Ps.: Natürlich wurden noch viel mehr Fotos von unserem Urlaub in Kerala geschossen, einige werde ich nächstes oder übernächstes Wochenende oder so nachträglich noch hochstellen

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