3 Wochen ist es nun schon her, als ich das letzte Mal über
mein neues Leben in Indien geschrieben habe. Natürlich hängt der Grund für
diese lange Schreibpause auch damit zusammen, dass mich Ende Februar meine
Familie für 2 Wochen lang in meinem Projekt besucht hatte und wir zusammen auf
Urlaub gefahren sind - da sich ihr Besuch über die letzten beiden Sonntage gestreckt
hatte, kam ich leider nicht dazu, einen neuen Blogeintrag zu schreiben.
Wahrscheinlich war das auch das Einzige, das mir während ihres Aufenthaltes ein
wenig gefehlt hat; das Reflektieren und schriftliche Festhalten der erlebten
Eindrücke. Während ihrem Verweil in Indien kam ich einfach nicht zum Schreiben,
dazu fehlte mir die Energie und die Zeit.
Denke ich jetzt noch an die Zeit von vor 6 ½ Monaten, kurz
vor meinem Einsatz, so bleibt mir mittlerweile wirklich nichts anderes mehr als
zu Schmunzeln. Was ich mir in dieser Zeit für Vorstellungen von meinem Einsatz
gemacht habe! Ich bin ein hoffnungsloser Träumer; das war schon immer so. Zu einem
Problem wird die Sache mit dem träumen nur, wenn sie in realistische, vernünftige
Gedanken miteinfließen, die sich ein Mensch von Zeit zu Zeit nun mal machen
muss, oder zumindest machen sollte. Nicht falsch verstehen, ich rede jetzt
nicht von Träumen bezogen auf die Berufswahl oder so -in diesem Bereich zu
träumen halte ich sogar für ausgesprochen wichtig und vernünftig-, ich rede von
der Art Träumen, bei welchen man sich in seinem Kopf in Idealismus verloren
gegangene Vorstellungen von einer gewissen Sache macht. Ein gewisser Draht zur
Realität sollte bei dieser Art von Träumen nun mal gewahrt bleiben. Und der
ging in meinem Kopf, damals, kurz vor Einsatzbeginn, eindeutig verloren. Im
Leben hängt oft vieles davon ab, wie man sich bei einer Sache, die man sich
vornimmt, den Maßstab setzt. Und was sich in meinem Kopf vor dem Einsatz als
Maßstab etablierte, waren die 3 Jahre, die mein Vater in meinem Alter in Papua
Neuguinea, ebenfalls auf Einsatz, verbracht hatte. Es ist nicht so, als ob ich
mir gedacht hätte, dass ich das Jahr in Indien, nur weil mein Vater 3 Jahre in
Neuguinea überstanden hatte, ganz ohne Probleme packen würde; jedoch schwoll in
mir deswegen ein gewisser Ehrgeiz heran, der mir einzureden begann, auf keinen
Fall Schwäche zeigen zu dürfen. Aufgrund dieses dummen Ehrgeizes war ich
anfänglich auch überzeugt davon, dass mich meine Familie gar nicht besuchen
bräuchte und sich das Geld lieber aufsparen sollte, da mein Vater ja
schließlich auch 3 Jahre ohne Familie überstanden hat. Ja, so dämlich kann das
menschliche Gehirn, blind vor Ehrgeiz, funktionieren. In meinem Kopf habe ich
aufgrund des eben erwähnten Ehrgeizes den Gedanken, ein Jahr von meiner Familie
getrennt zu sein, überhaupt nicht realistisch behandeln können. Worauf ich mit
dieser Gedankenreflektion eigentlich nur hinaus will, ist der Versuch, zum
Ausdruck zu bringen, wie sehr mir meine Familie gefehlt hat und wie unglaublich
erleichtert ich war, als ich meine Eltern und meine Schwester nach einem halben
Jahr ohne sie wieder in die Arme schließen durfte. Auch wenn mir mein Bruder
und meine Nichte sehr gefehlt haben, da es sich für sie zeitlich leider nicht
möglich war, mich zu besuchen. Aber ja, man kann halt auch nicht alles haben. Hand
in Hand geht mit dieser Gedankenreflektion ebenfalls die persönliche Erkenntnis,
dass es im Leben darum geht, seinen eigenen Weg zu gehen, seine eigene
Geschichte zu schreiben - ganz im eigenen Stil. Es ist ein Fehler, den eigenen Weg, mit einem anderen, beeindruckender wirkenden Weg zu
vergleichen, da ich überzeugt davon bin, dass der Weg, den man gerade
beschreitet, auch wirklich der für einen bestimmte Weg ist, und so wie dieser
gerade verläuft, so verläuft er eben. Es ist dann halt immer eine Frage, mit
welcher Einstellung und Perspektive man seinen Weg beschreitet – je nach
Einstellung und Perspektive geht man im Leben größere oder kleinere Umwege.
Aber ich möchte jetzt nicht zu weit ausholen; was mir am Herzen lag ist gesagt.
Danke an meine Eltern und meine Schwester jedenfalls nochmal dass ihr mich
besucht habt, ich denke bereits jetzt schon voller Nostalgie an euren
Aufenthalt zurück.
Nun möchte ich ein wenig informationsreicher auf den
Aufenthalt meiner Familie eingehen: Ende Februar landeten sie in Hyderabad, mit
8 Millionen Einwohnern die Hauptstadt des Bundesstaates Andhra Pradesh. Für 3
Tage wurde von meinem Vater in dem Stadtteil Secunderabad ein Hotel gebucht;
ich stieß erst am 2. Tag ihres Aufenthaltes hinzu -nach 8 stündiger Zugfahrt
kam ich ca. um 21 Uhr am Bahnhof Secunderabad an und fuhr mit einer Autorikscha
zum Hotel-. Hyderabad ist, ob des Wahnsinns Verkehrs, der erdrückenden Bevölkerungsdichte,
des unaushaltbaren Lärms und des stetig überlaufenden Mülls, wahrscheinlich für
jeden, der das erste Mal Indien besucht, erst einmal ein ziemlich heftiger
Kulturschock. So erging es meiner Familie auch nicht anders. Vijayawada hat den
eben genannten Stadtwahnsinn zwar ebenfalls zu bieten, jedoch in
erträglicherem, nämlich 10 Mal kleinerem Ausmaß (ca. 800.000 Einwohner). Jedenfalls
besichtigten wir in Hyderabad ein paar Sehenswürdigkeiten – so viele halt der
zeitliche eingeschränkte Aufenthalt zuließ. Eine Nacht übernachtete ich mit
meiner Familie im Yatri Nivas Hotel – ein schönes, großes Hotel, mit ausgezeichnetem
Essen (3 Restaurants waren auf der Hotelanlage zu finden!). Schließlich fuhren
wir am letzten Tag unseres Hyderabad Aufenthalts, am Nachmittag, mit dem Zug
los nach Vijayawada. Dort, nach einer etwa 7 stündigen Zugfahrt angekommen, zeigte
ich ihnen die darauffolgenden Tage mein Projekt Vimukti, das Kinderdorf
Chiguru, die Volontärsunterkunft, machten einen Ausflug in die nahegelegene
Stadt Guntur, gingen ein paar Mal in Restaurants, die ich persönlich schon ein
paar Mal ausprobiert und als sehr gut erachtet hatte, zeigte ihnen die Stadt
und ein paar schöne Geschäfte, und natürlich lernten sie die Projektzentrale
Yuva Bhavan kennen, in der sie in den Gästeräumlichkeiten übernachteten bzw. Father
Arogia wie auch den Leiter von Navajeevan, Father Koshy, kennenlernten. Ich
denke in Vijayawada hat es ihnen doch um eine ganze Spur besser gefallen als in
Hyderabad. Interessant ist, wie oft ich während ihres Aufenthalts auf extravagante
Erlebnisse aufmerksam gemacht wurde, die für mich mittlerweile zu einem selbstverständlichen
Teil meines Lebens geworden sind. Hervorgehoben sei hierbei in erster Linie der
Verkehr, der für jeden Europäer zu Beginn mit Sicherheit mal ein ziemlicher
Schock ist. Und so begann ich mich zurück an meine Anfangszeit zu besinnen, und
konnte allmählich die Verblüffung über den Verkehrswahnsinn nachvollziehen. Mit
welch Gelassenheit und Coolness sich die Inder auf einer Kreuzung, in dutzenden
Fortbewegungsmitteln jedvorstellbarer Art und Form, in einem einzigen Wirrwarr,
an Kühen und Straßenverkäufern -die sich mitten auf der Kreuzung herumtummeln-,
bzw. an all den anderen Fahrzeugen -dabei meist nur ein paar Zentimeter
voneinander entfernt- vorbeischlängeln. Das war nur ein Punkt von einigen, die
mich besinnen und auch mal wieder ein wenig aufwachen ließen, in was für einem
irren Land ich da doch eigentlich für ein Jahr gelandet bin. Ja, ihre
Reaktionen waren völlig angebracht, und das begann ich zunehmend zu
realisieren.
Aber der eigentliche Höhepunkt ihres Aufenthalts sollte noch
folgen (zumindest für mich). Wie ein Schneekönig hatte ich mich bereits Wochen
vor ihrem Besuch auf unsere 4 Tage Urlaub in Kerala gefreut. Ich war zugegeben
ein wenig nervös, bevor die Reise, in einer schwülen Montagnacht, mit einer 6
stündigen Zugfahrt nach Chennai (ehemals Madras) -in dem Bundesstaat Tamil Nadu
gelegen-, losging. Ich hatte noch nie zuvor eine Reise, über ein Reisebüro,
geplant, und das erst recht nicht in Indien. Aber ich versuchte zuversichtlich
und selbstsicher auf meine Familie zu wirken, und ich denke dass sie mir das
auch abgekauft haben. Dienstagmorgen in Chennai ankommend, warteten wir auf dem
Bahnsteig auf den Fahrer unseres am Vortag in Vijayawada bestellten Pre-Paid
Taxis, der uns, wie abgemacht, am Bahnsteig abholen und zum Flughafen bringen
sollte. Nun kam der aber natürlich nicht, und wir machten uns auf die Suche
nach anderen Pre-Paid Taxis. Zwar wurden wir fündig, mussten allerdings auch
ein wenig mehr, als es der aktuelle Tarif verlangt, bezahlen. Typisch Indien,
aber wir waren müde und die 200 Rupien mehr rissen uns jetzt auch kein Bein
aus. Ein paar Stunden später folgte der Flug nach Kerala, in die Stadt Kochi.
Beim Flug gab es keine weiteren Schwierigkeiten (außer dass ich natürlich bei
der Kontrolle vergaß meine Schere und mein Taschenmesser aus dem Rucksack zu
geben und die Sachen folglich am Flughafen lassen musste). Vielleicht wundern
sich jetzt manche, warum wir nicht einfach mit dem Zug nach Kerala gefahren
sind, und ja, zuallererst kam auch mir diese Idee in den Sinn (da sie zudem
auch deutlich günstiger ausgefallen wäre), jedoch wäre Kerala, obwohl es
genauso wie Andhra Pradesh im südlichen Indien liegt, nochmal weitere 18
Stunden mit dem Zug entfernt gewesen, und das wollte ich meiner Familie einfach
nicht zumuten. Im tropisch heißen Kochi jedenfalls angekommen, sollten wir von
unserem, vom Reisebüro organisierten, Fahrer im Ankunftsbereich mit einem
Schild empfangen werden. Nun blieb unglücklicher Weise zunächst auch das aus.
Ein paar Minuten später erschien er allerdings zum Glück, und in einem angenehm
klimatisierten Auto, fuhren wir daraufhin zu unserem ersten Halt, dem Hotel
Monte Christo auf 1600 Meter Höhe in der naturparadiesischen Hügelregion Munnar.
Die Temperatur in dieser Region war angenehm mild und damit
eine echte Wohltat für mich nach den letzten unaushaltbar heißen Wochen in
Vijayawada und Vimukti. All die Hügel waren fast vollständig umsäumt mit
wohlgepflegten Teepflanzen, die den Anblick der Hügel mit einem übernatürlich
schimmernden, saftigen Grün ausstattete. Natürlich waren auch einige Bäume,
speziell im Umkreis um unser Hotel, zu finden. Unser Hotel wirkte ein wenig
urig und eher traditioneller Natur. Die Innenausstattung war zu einem großen
Teil Holzverkleidet und wirkte freundlich und einladend. Im ersten Stock war
ein öffentlich zugänglicher Raum mit einer großen Glasveranda, und mit
gemütlichen Möbeln ausgestattet, damit man von dort aus die einen umgebende, in
sich stimmende, stille und durch einen angenehm vorbeiziehenden Wind raschelnde
und flüsternde Natur bestaunen konnte. Übrigens waren wir die einzigen Gäste in
diesem Hotel. Das Personal war die ganze Zeit über sehr höflich und
zuvorkommend. Die Atmosphäre dieses Ortes vermittelte Zufriedenheit,
Gelassenheit, Harmonie und Frieden. Perfekt um sich von einem stressigen Alltag
bzw. Leben zu erholen. Auch das Essen war, die ganze Zeit über die wir dort
verweilten, ein einziges Gedicht, unmöglich zu vergleichen mit dem Essen in
Vimukti. Zudem lud die Umgebung sehr zu Spaziergängen und Wanderungen ein. Am
Mittwoch machten wir ein paar Einkäufe in einem nahegelegenen, kleinen, netten
Dorf und wurden in einem Ayurveda Massage Center am Nachmittag massiert. Am
letzten Abend unseres Aufenthalts -leider war dieser Abend ebenfalls dem
Mittwoch angehörig, da wir nur 2 Tage dort waren- machten wir ein Lagerfeuer
auf einer der Lagerfeuerplätze des Hotels. Unser Fahrer, der uns übrigens nicht
nur von Kochi nach Munnar, sondern während unseres gesamten Kerala Urlaubs
überall hin brachte, machte uns an jenem Abend auch aufmerksam, dass wir am
nächsten Morgen um halb 9 in der Früh abfahrbereit sein müssten. Am Donnerstag
in der Früh hieß es dann also sich wehmütig von diesem Ort zu verabschieden.
Ich für meinen Teil war jedoch bestimmt nicht das letzte Mal in Munnar.
Äffchen im Tigerreservat in Thekkady, am Überlegen ob er an mir hochklettern und mir den Keks klauen soll |
Am Donnerstag ging es dann in die Stadt der Gewürze, nach
Thekkady. Donnerstag war mit Sicherheit der ereignisreichste und anstrengendste
Tag unseres Urlaubs. Auf dem Weg nach Thekkady machten wir plötzlich halt, um
eine Gewürzplantage zu besichtigen. Während unserer Besichtigung wurde uns von
einer Führerin der Name und Zweck jeder angebauten Pflanze erklärt, was
teilweise sogar ziemlich interessant war. Nach der Besichtigung hatte man noch
die Möglichkeit, in einem Shop die besichtigten Gewürze, in allen möglichen
verarbeitenden und zubereitenden Formen, zu kaufen. Ein paar Gewürze und
Kräuter kauften wir uns. Dann ging die Fahrt weiter. Nachdem wir nach einer ca.
4 stündigen Fahrt in der Region um Thekkady ankamen, fuhren wir, noch bevor wir
ins Hotel fuhren, in einen nahe gelegenen Wald zum Elefantenreiten. Eine
interessante Erfahrung; so ein Elefant kann ja doch ziemlich groß werden,
folglich ist es ein sehr eigentümliches aber faszinierendes Gefühl, auf so
einem riesigen Tier zu reiten. Im Anschluss fuhren wir in ein Tigerreservat. Am
spannendsten fand ich persönlich jedoch die unzähligen Affen, die sich am
Eingang des Reservats miteinander stritten und meiner Mutter sogar das Essen
aus der Hand klauten -einer wollte zudem an mir hochklettern da ich gerade
einen Keks in der Hand hatte, mit dem ich den Affen eigentlich füttern wollte,
jedoch wurde mir von dieser Unternehmung im letzten Moment abgeraten. Durch das
Tigerreservat zog sich ein langer, künstlich angelegter See, den wir mit einem
Boot befuhren um Ausschau nach Tieren, speziell Tigern und Leoparden, zu
halten. Außer ein paar Elefanten (die ich persönlich jetzt nicht so spannend
fand da ich ein paar Stunden zuvor schließlich auf einem geritten war),
Antilopen, Wasserbüffeln, Warzenschweinen und Schildkröten bekam man bei jener
Safari jedoch leider nicht allzu viel vor die Kameralinse. Am späten Nachmittag
erreichten wir schließlich, mittlerweile doch etwas geschafft, unser Hotel,
welches am Rande der Stadt Thekkady lag. Das Hotel lag in einer sehr ruhigen
und eher traditionellen Umgebung, war jedoch selbst eher modern und sehr
komfortabel eingerichtet - von den Fluren, bis hin zu den Zimmern und dem
Restaurant. Speziell die Zimmer waren sehr geschmackvoll eingerichtet, hatten
einen Balkon und auch einen Fernseher, auf welchem ich nach einem halben Jahr
endlich mal wieder Fußball schauen konnte. Das Essen in diesem Hotel war
ebenfalls ganz ausgezeichnet. Nach dem Abendessen gingen wir noch ein wenig
die, direkt neben dem Hotel beginnende, Altstadt zu besichtigen, in der eine
Menge traditionelle Stoff- und Gewürzläden zu finden waren. Neben dem indisch-traditionellen
Obergewand für Männer, der Kurtha, bei welcher ich und mein Vater fündig
wurden, kaufte ich ein paar scharfe Gewürze ein. Meine Mutter und meine
Schwester waren nur sehr schwer von den Stoff- und Schmuckläden zu trennen,
doch da sie in Vijayawada schon einiges in Stoff- und Schmuckläden besorgt
hatten, war mittlerweile nicht mehr ausreichend Platz im Gepäck, um jetzt
wieder zuzuschlagen. Soviel zu Thekkady, wo wir nur eine Nacht verbrachten, was
ich eigentlich auch sehr schade fand, da mir die Umgebung um das Hotel
ebenfalls sehr gut gefiel. Am Freitag in der Früh brachen wir dann jedenfalls
wieder auf, zu unserer letzten Station, Allepey.
Unser Hausboot, kurz nachdem wir am Ufer für die Nacht angelegt hatten |
In der Stadt Allepey wurden wir diesmal jedoch nicht zu
einem Hotel gebracht, sondern zu einer Ablegestation für Hausboote. Von
Freitagmittag bis Samstagmorgen sollten wir auf einem solchen Hausboot
verbringen. Von allen Zwischenstationen, von denen der Reiseplan berichtete, war diese die mit am
meisten Freude erwartete. Allepey liegt direkt an der Kumarakom Region, auch
bekannt als die Backwaters -> eine verzweigte, unberührte,
naturparadiesische Flusslandschaft die durch einige Seen und Lagoonen führt und
die an den Ufern mit Palmen und dahinter liegenden Reisfeldern gesäumt ist. Auf
unserem Hausboot aßen wir am Freitag, nach unserer Ankunft, zu Mittag. Und das
Essen war ein überraschend herausragend gut schmeckendes Erlebnis. Denn auf dem
Boot waren 2 Bootsleute zu finden, bei welchen einer der Steuermann war, und
der andere der Koch; und dieser Koch schaute nicht gerade wie ein Gourmet Koch
aus, eher wie ein Reisfeldarbeiter. In unendliche Höhen waren die Erwartungen an
das Essen daher nicht geschraubt. Doch sogleich nach dem ersten Bissen war jeder
Zweifel wie weggeblasen und nur noch dieses wunderbare Zusammenspiel aus
ausgesuchten, herrlichen Gewürzen und perfekter, traditioneller Zubereitung zu
schmecken. Noch lange werde ich an dieses Essen (welches sich zu Abend in fast
noch übertreffenderer Zubereitung wiederholte) in so unbeschreiblicher Umgebung
zurückdenken. Doch natürlich nicht nur der Gedanke an das Essen wird mir in
Zukunft so manch nostalgischen Seufzer entziehen, auch einfach die Fahrt durch
diese wunderschöne Region, in der man auf dem Gewässer so manche Transport- und
Fischerkanus und an den Ufern Meeresfruchtgeschäfte, wie auch kleine Häuschen
von Einheimischen besichtigen konnte. An einem solchen Meeresgeschäft machten
wir auch Halt, da auf Anfrage der Bootsleute hin mein Vater Shrimps besorgen
wollte. Ich habe Shrimps eigentlich immer abgelehnt, aber so herrlich gewürzt
und geröstet zubereitet, wie ich sie zu jenem Abendessen vorfand, so würde ich
sie wohl jeder Zeit mit Freuden wieder essen. Vor dem Abendessen hatten wir,
kurz vor Einbruch der Dämmerung, an einer stillen, von jeglicher Zivilisation
entfernten, naturparadiesischen Stelle angelegt, um die Nacht dort zu
verbringen. Mein Vater, meine Schwester und ich gingen, nachdem wir angelegt
hatten, in dem herrlich warmen Gewässer schwimmen. Nun fällt mir gerade ein,
dass ich es bis jetzt verabsäumt habe, unser Hausboot zu beschreiben, daher jetzt
eine schnelle Zusammenfassung: Unser Hausboot war im vorderen, überdachten, frei
luftigen Bereich mit dem Esstisch, Sesseln, gemütlichen Bänken und einem Sofa
ausgestattet, im mittleren Teil des Bootes befanden sich die beiden sehr
komfortabel eingerichteten, vor Moskitos perfekt abgedichteten und Klimaanlagen
beinhaltenden Schlafräumlichkeiten mit dazugehörigen Badezimmern, und im
hintersten Teil war die Küche zu finden. Doch damit nicht genug, gab es sogar
noch einen weiteren, überdachten, frei luftigen Bereich im zweiten Stock zu
finden, welcher mit gemütlichen Möbeln ausgestattet war um die umliegende Natur
noch besser, entspannter betrachten und in sich aufsaugen zu können. Nach dem Abendessen
setzten wir uns zu traditioneller indischer Musik, einer Kerze und einer
Flasche Wein in den zweiten Stock und unterhielten uns. Das Sternenzelt war,
wenn man sich ein wenig über das Geländer beugte, sehr klar zu betrachten und
neben der Musik war nur das Zirpen der Grillen und ein gelegentliches Platschen
im Wasser zu vernehmen. Als wir uns am nächsten Morgen, nach einem sehr guten
und sättigenden Frühstück wieder zurück zur Anlegestelle in Allepey machten,
fiel es uns sogar noch schwerer, als wie in Munnar, Lebewohl zu sagen.
Wahrscheinlich hing das aber auch damit zusammen, das wir auf dem Hausboot nur
eine einzige Nacht verbrachten.
Schwermütig machten wir uns auf den Weg zurück nach Kochi,
wo wir uns am Flughafen von unserem Fahrer verabschiedeten und zum Gandhi
Flughafen nach Hyderabad flogen. Auf diesem Flughafen in Hyderabad trennten wir
uns schweren Herzens wieder voneinander, denn ich musste, nachdem wir noch
einige Stunden auf dem Flughafengelände verbrachten, zurück nach Vijayawada mit
dem Zug fahren -welchen ich übrigens um ein Haar verpasst hätte- und sie flogen
in der Nacht zurück nach Österreich. Tja, und so endete unser Urlaub wieder.
Ich denke, dass ich mich sehr gut erholt habe und bin sehr dankbar, diese wunderschöne
Zeit mit meiner Familie in Kerala verbracht zu haben. Das war gewiss nicht mein
letzter Besuch auf diesem paradiesischen Fleckchen Erde gewesen. Hm... wenn man
über eine so schöne Zeit so viel schreibt und erzählt und beschreibt, dann
keimen gewisse nostalgische Gefühle in einem auf, und können ganz schwermütig
machen… zumindest fühle ich mich gerade so. Aber ich bin froh wieder in
Vijayawada und bei meiner Arbeit sein zu dürfen. Noch schwerer, als sich vom
Urlaub zu trennen, wäre es mir wohl gefallen, mich von Indien zu trennen. Das
wird in ca. 5 ½ Monaten auch wieder eine ganz eigene Herausforderung.
Nun, wieder einmal habe ich mich selbst übertroffen, was die
Länge meines Berichts angeht. Und für die paar Lesenden, die sich bis hierher
durchgeschlagen haben, habe ich, falls sie das noch schaffen, ein ganz kurzes
Update über die aktuelle Vimukti Situation, die ich letzte Woche, nach meiner
Rückkehr dorthin, erhalten habe:
Für kurze Zeit waren es in Vimukti letzte Woche tatsächlich
22 zu betreuende Burschen, da speziell in der letzten Woche einige Neue nach
Vimukti gebracht wurden. Am Donnerstag jedoch verabschiedeten sich ca. 10
Burschen von uns, da sie, nach vielem Aufschieben und langem Warten, nun
endgültig in ein Ausbildungszentrum vermittelt werden konnten. Ich war froh und
gleichzeitig betrübt darüber, da ein paar von den Burschen, die da nun endlich
vermittelt wurden, mir mittlerweile doch sehr ans Herz gewachsen waren, und ich
sie zudem nun schon seit Anfang Dezember kannte. Kommende Woche sollen wieder
eine Handvoll Burschen zu anderen Teilprojekten weiter vermittelt werden –
gleichzeitig werden aber mit hoher Wahrscheinlichkeit auch wieder neue Burschen
nach Vimukti kommen. Und alles in allem wird es wohl so enden, dass nächste
Woche kein vertrautes Gesicht mehr in Vimukti vorzufinden sein wird. Und das
bedeutet auch eine völlig neue Unterrichtssituation. Ich bin ja gespannt! :P
So, nun finde ich allerdings endgültig zu einem Ende. Danke
an jeden treuen Leser der sich die Zeit für all den Text hier genommen hat! Und
ohne weitere viel Umschweife wünsche ich euch noch ein schönes Wochenende!
Liebe Grüße aus Hindustan
Konstantin
Ps.: Natürlich wurden noch viel mehr Fotos von unserem Urlaub in Kerala geschossen, einige werde ich nächstes oder übernächstes Wochenende oder so nachträglich noch hochstellen
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