Mittwoch, 7. September 2011

Erste Schritte


Eine Woche ist um seit meiner Ankunft in Vijayawada. Es hat ein wenig länger gedauert als erwartet aber ich habe jetzt nun endlich alle Projekte gesehen. Außer den, im letzten Blogeintrag, bereits genannten Projekten, haben wir noch 2 Bridgeschools besucht, die quasi mit unserer Vorschule zu vergleichen sind. Ein Boys Shelter und Vimukti, das Addiction Center für ehemalige Drogen- und Alkoholabhängige Teenager.

Heute musste ich eine Entscheidung treffen in welchem Projekt ich arbeiten will, zumindest die nächsten 3 - 4 Monate. Ich habe ein wenig hin und hertendiert zwischen Chiguru -dem Kinderdorf- und Vimukti -dem Addiction Center-. Schließlich habe ich mich dann doch fix entschlossen in Vimukti zu arbeiten. Warum? Also, einerseits war ein Grund, dass es dort schlichtweg wunderschön ist - Fotos werde ich wahrscheinlich eh heute noch auf den Blog stellen. Zwar dauert die Anreise 1 - 2 Stunden, aber das ist 2 Mal in der Woche schon okay (Hinreise am Montag und Abreise am Freitag).Vimukti liegt echt ziemlich entlegen, aber um so
schöner ist die Natur dort. Es gibt eine große Wiese für Cricket, Volleyball und sogar 2 Tore für Fußball. Generell ist das ganze Areal sehr groß; überall wo man hin schaut Natur... es gibt viiiiele Mangobäume (ich freu mich schon auf die Mangoseason), Kokospalmen und Goha Früchte (weiß jetzt nicht genau ob man die so schreibt) die auch sehr gut sind. Die Teenager (etwa 25 - 30 in der Zahl, also viel zu wenig für das riesige Anwesen) sind alle sehr nett und cool drauf. Ebenfalls ein entscheidender Punkt war, dass ich das Englisch Unterrichten zusammen mit einem anderen Volontär aus Deutschland, Konrad sein Name, machen kann, da es in Vimukti nur ein Klassenzimmer gibt.

Soviel also zu meinem Projekt. Wie es so läuft werde ich wohl erst in ca. 1 1/2 Wochen, also übernächstes Wochenende, berichten können, da es in Vimukti kein Internet gibt und ich ab nächste Woche nur noch am Wochenende in der Volontärs Zentrale von Navajeevan sein werde, sonst immer in Vimukti. Achja was für mich übrigens auch schon ziemlich fix ist, ist dass ich nach Vimukti in Chiguru (dem Kinderdorf) sein werde. Dort war ich nun schon 2 Mal und da hat es mir ebenfalls sehr gut gefallen (was den nachfolgenden Fotos auch zu entnehmen sein wird :P).

Ist also eine sehr spannende Woche gewesen, habe viele Kinder und Jugendliche kennengelernt und eigentlich auch fast nur positive Erfahrungen in den verschiedenen Projekten gemacht. Speziell auch im Boys Shelter, von dem ebenso über diesem Beitrag Fotos zu sehen sein sollten. Interessant war auch das Ganesh Festival, welches am 1. September angefangen hat und glaube ich noch ein paar Tage weitergeht. Überall in der Stadt sind Bilder von Ganesh zu betrachten, es wird viel gesungen und getrommelt, vorgestern wurden Ganesh Statuen reihenweise im Krishna River versenkt und an einem Tag haben sich die Leute mit Farbe gegenseitig am ganzen Körper angeschmiert. Die Leute hier haben einfach eine ganz andere Mentalität und dementsprechend leben sie auch die Festtage ganz anders aus als wir, viel intensiver und leidenschaftlicher. Ein großer Unterschied zu unserer Kultur ist denke ich generell einfach die Gottesbezogenheit ALLER Leute. Ganz gleich ob jetzt Ganesh oder Jesus. Hier glaubt jeder an irgendwas, sowas wie Atheisten gibt es hier nicht. Wahrscheinlich hängt das aber auch mit dem für uns Europäer nicht begreifbaren Elend zusammen. Die Leute haben eben oft sonst nichts anderes als ihren Glauben. Und auf den stützen sie sich zu 100%. Und gleichzeitig gibt ihnen aber genau das, wie schon in meinem vorigen Blogeintrag erwähnt, eine gewisse innere Zufriedenheit und Akzeptanz mit der Situation in der sie sich befinden. Die Leute glauben es hat schon so seinen Grund dass sie durch diese Zeit bzw. dieses Leben gehen müssen, manche nennen das Karma.

Ich muss zugeben, die Art der Leute hier mit ihrer Situation umzugehen beschäftigt mich bis jetzt am meisten, ich finde es einfach hochinteressant. Aber es gibt natürlich auch über vieles anderes zu erzählen. Es ist zwar jetzt etwas ganz anderes, aber ebenso sehr interessant ist diese völlig neue Situation des auf sich selbst gestellt zu sein. Wäsche mit der Hand zu waschen ist unglaublich mühsam und ich fasse es nicht, dass ich das jetzt ein ganzes Jahr lang machen muss. Aber ich denke ich werde mich schon irgendwann, irgendwie daran gewöhnen. Ebenfalls ein wenig gewöhnungsbedürftig ist der kommunikative Umgang mit den Indern. Egal ob es sich jetzt um Abmachungen oder einen kleinen Plausch handelt. Zum Beispiel nuscheln sie teilweise fürchterlich. Und wegen Abmachungen: Inder setzen eine gewisse Eigenständigkeit einfach prinzipiell voraus; wenn es zum Beispiel heißt: 'Du bist bis Abend bei dem Projekt!' heißt das nicht, dass sie dich von dort am Abend dann wieder abholen, selbst wenn du mit dem Auto hingebracht wurdest bzw. das erste Mal dort bist bzw. dich Nüsse in der Stadt auskennst!

Wegen dem Essen gab es jetzt auch schon vereinzelnt Schwierigkeiten, aber nichts schlimmes. Mein Magen will einfach nicht verstehen, dass mein Frühstück nun aus, seiner Ansicht nach, Gerichten besteht die eigentlich zum Verzehr zu Mittag bestimmt sein sollten, vorallem weil sie scharf sind! Dennoch scheint mir hierbei aber auch wichtig zu erwähnen, dass ich es sooo cool finde, mit den Händen zu essen :P. Es macht schlichtweg Spaß wie ein kleines Kind wieder in seinem Essen herumzumatschen und es wird bestimmt eine Zeit lang dauern, bis ich mich in Österreich dem wieder entwöhnen kann, einfach weil ich jetzt schon, nach nur einer Woche, in dieser Art zu essen voll drinnen bin und mir sowas wie Messer und Gabel nur noch sehr entfernt in den Sinn kommt. Achja, und das muss jetzt auch noch kurz erwähnt werden, hier gibt es Ratten so groß wie Katzen! Das mit den Ratten hat mich, als ich es gehört habe, weniger überrascht bei dem Dreck hier. Nur das mit der Katzengröße hat mir ein dezent mulmiges Gefühl den Magen hinunter gejagt. Vor ein paar Wochen ist es den Volontären passiert, dass sie die Tür offen gelassen haben aber nicht das Licht anließen, was natürlich zur Folge hatte, dass eine riesige Ratte in die Wohnung hereinspaziert ist und sich einem Volontär auf die Brust gesetzt hat. Der hielt die Ratte für einen Einbrecher und hat wie am Spieß aufgeschrien, daraufhin hat die gesamte Wohngemeinschaft die Ratte gejagt, bis schließlich der bereits genannte Volontär eine Glasplatte über sie fallen ließ der ihr aber nur den Schwanz abschnitt, woraufhin die Ratte eine Blutspur durch die ganze Wohnung zog... Ja... ich bin schon gespannt wann ich das erste Mal mit so einer coolen Geschichte daherkomme :P.

Nun, soviel mal dazu. Auch wenn ich in diesem Blogeintrag schon erste Schattenseiten meines Einsatzes geschildert habe, auf die ich mich aber schon zu Hause vorbereitet habe und mit denen einfach jeder rechnen muss der so einen Einsatz macht, so scheint es mir trotzdem hier noch wichtig zu erwähnen, dass ich Indien liebe und sehr glücklich bin genau hier in Indien Erfahrungen, gute wie auch schlechte, sammeln zu dürfen. Ich würde es jetzt nicht karma nennen aber es hat schon so seinen Grund, dass ich durch genau diese Zeit hier gehen muss :P. Naja mir würde jedenfalls bestimmt noch jede Menge einfallen, was ich hier noch schreiben könnte, aber irgendwann muss Schluß sein. Ich melde mich übernächstes Wochenende wieder.


Indische Grüße

2 Kommentare:

  1. Hi Chanti,

    coole Bilder - Vimukti schaut wirklich sehr schön aus. Im Addiction Center zu arbeiten stell ich mir sehr herausfordernd vor. Wie kommunizierst Du mit den Teenies eigentlich? Sprechen die englisch oder kannst Du schon indisch?

    Zeig ihnen halt, wie man richtig Fußball spielt (für Rapidniveau sollten 4 Monate ja locker ausreichen ;-) Rapid ist übrigens grad auf Platz 5, spielt dieses Wochenende aber gegen Salzburg (=Tabellenerster).

    Oh Mann, die Rattenstory ist ja oag. Eine europäische Standardschmusekatze hat gegen diese Monsterviecher wahrscheinlich gar keine Chance. Fällt wohl eher in den Zuständigkeitsbereich einer Raubkatze.

    Bin gespannt was Du dort noch so alles erleben wirst...

    LG
    Ronny

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  2. Hey Ronny,

    freu mich echt dass du meinen Blog verfolgst! Vimukti wird bestimmt eine gewisse Herausforderung, aber die Burschn dort sind echt entgegenkommend und nett. Und ja, natuerlich ist die Sprachbarriere ebenfalls ein Teil dieser Herausforderung, allerdings hast du das in jedem Projekt hier, und mit den Jugendlichen kannst du vergleichsweise halbewegs anstaendig kommunizieren! Ausserdem sind hier 95 Prozent der Burschn echt gewillt Englisch zu lernen, sie wissen dass sie das im Leben weiterbringen kann, und dementsprechend soll auch der Unterricht vergleichsweise angenehmer sein als in manch anderen Projekten. (Hat mir zumindest Konrad erzaehlt) ..Hindi, bzw Telugu (ist die Regionalsprache dort) kann ich leider noch nicht nein, nur ein paar Standardphrasen, aber ich denke da wird noch einiges dazu kommen, bin fleissig am lernen ;P

    Und ja, das mit Rapid verfolge ich auch hier aus Indien aus, das Spiel gegen Salzburg muessen fix eingeplante 3 Punkte sein. Aber meine Welt ist in Ordnung solang die Veilchen nicht von der Spitze lachen ;P. Aufs Kicken mit den Burschn freu ich mich echt schon, und glaubs mir oder nicht, aber als ich hier einem fussballbegeisterten Inder von Rapid erzaehlt habe, ist der gleich zur Rapidfamilie rueberkonvertiert ;P (gut eine andere Fussballmannschaft hat der auch nicht gekannt, die Leute spielen hier eigentlich fast nur Cricket)

    Und ja, hier laufen sogar die Hunde vor den Ratten weg haha. Hier koennten es wohl echt nur Raubkatzen mit den Viechern aufnehmen ;-) deren Anschaffung in eine Stadt damit sie Ratten fangen, koennte allerdings auch so seine Schattenseiten in sich birgen, dafuer gibts hier aber halt Unmengen an Ungezieferjaegern :P

    Naja, hat mich jedenfalls echt gefreut von dir zu hoeren! Hoffe wir bleiben in Kontakt

    LG

    Konsti

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