Bevor ich zu meinem eigentlichen Blogeintrag komme, möchte
ich zunächst noch eine kleine Ankündigung machen: Am Freitag, dem 27. Jänner findet in Wien,
in der Sautergasse 34, 1170 Wien ein Benefizkonzert für mein Projekt Navajeevan
Bala Bhavan und meine Arbeit dort statt. Einlass ist um 19 Uhr, Beginn des Konzertes um 19.30 Uhr, der Eintritt beträgt 5 Euro (alles Geld kommt zu 100% Navajeevan und meiner Arbeit zugute!). Erwarten bei dieser Veranstaltung wird
euch ein abwechslungsreiches Konzert von Klassik bis Jazz, eine Tombola,
schönes Ambiente und Kleinigkeiten für das leibliche Wohl. Organisiert wird
dieses Konzert von der karitativen Jugendorganisation SLOSH (=Spread Love Or
Stay Home), der ich selbst auch angehörig bin.
Ich würde mich über zahlreiches Erscheinen sehr freuen! J
An der Stelle möchte ich auch gleich noch einmal auf meine
Spendenaktion aufmerksam machen, die ich zur Weihnachtszeit für mein Projekt
Vimukti und Navajeevan gestartet habe. Ein großes Dankeschön an jeden der schon
gespendet hat; Bilder von der Weihnachtsfeier, bei der die Burschen ihre
Geschenke bekommen haben, stelle ich heute noch auf den Blog. Nach wie vor würde
ich an der Stelle jedoch um eure Unterstützung bitten, da noch einiges
aussteht. Was genau für Spendenaktionen ich da zur Weihnachtszeit gestartet
habe, ist in einer meiner vorherigen Blogeinträge nachzulesen. Hier jedenfalls
nochmal das Spendenkonto für die Aktionen:
Jugend eine Welt - Don Bosco Aktion Österreich
PSK-Kto-Nummer: 92.083.767
BLZ: 60 000
Verwendungszweck: "Vijayawada INH-03-7061 Moser"
Auch für meine Einsatzkosten würde ich nach wie vor um
Unterstützung bitten. Auch hierfür stelle ich nochmal das Spendenkonto hoch:
Jugend eine Welt - Don Bosco Aktion Österreich
PSK-Kto-Nummer: 92.083.767
BLZ: 60 000
Verwendungszweck: Volontariatseinsatz Konstantin Moser
(Verwendungszweck ist
bitte unbedingt anzugeben!)
Vielen Dank für eure Unterstützung! Ich bin für jeden Euro
dankbar.
Nun zu meinem Eintrag:
Sonntag. Wieder eine Woche vergangen. Die Zeit scheint
tatsächlich langsam zu vergehen. Heute ist es mir wie Schuppen von den Augen
gefallen – tatsächlich ist es gar nicht mehr so lange bis zu meinem Geburtstag.
Unfassbare 20 Jahre werde ich alt. Nach meinem Geburtstag dauert es dann auch
nicht mehr lange bis zum Besuch meiner Eltern und meiner Schwester, und der
gleichzeitig dazu ablaufenden 1. Hälfte meines Einsatzes! Ende Februar ist
Halbzeit. Mit dem Ankommen meiner Eltern und meiner Schwester in Indien, werde
ich auch gleich mal in Halbzeitpause gehen. Eine Woche Urlaub mit meiner
Familie in Kerala, einem kleinen naturparadiesischen Bundesstaat im Südwesten
Indiens, ist dann angesagt. Kann es schon kaum erwarten.
So, aber was hat sich in der Zwischenzeit in Vimukti so
getan? Nach 2 Wochen war ich endlich mal wieder von Beginn an in Vimukti; die 2
Wochen davor stieß ich krankheitsbedingt immer erst ein bisschen später dazu.
Obwohl, ganz von Beginn an dabei war ich diesmal auch wieder nicht, da ich erst
Montagfrüh und nicht Sonntagabend nach Vimukti fuhr. Der Grund dafür ist mit
einer kleinen Geschichte verknüpft. Sonntagnachmittag, als ich mich gerade auf
dem Weg in die Projekt- (und Volontärs-)zentrale Yuva Bhavan befand, traf ich
auf einen, mir noch aus der Zeit im Shelter bekannten Jungen, der sich direkt
vor den Toren Yuba Bhavans schluchzend herumtrieb. Obwohl er kein Englisch
sprechen kann, konnte er mir dennoch gestikulierend vermitteln, dass er nicht
wüsste was er tun solle, total planlos sei und dass ich mit Father Koshy (dem
Leiter von Navajeevan) reden solle. Ich nahm ihn daraufhin mit in die
Projektzentrale und sprach mit Father Koshy. Dieser sagte mir, dass er schon die
letzten 3 Stunden mit dem Burschen geredet hatte aber einfach keinen Ausweg für
seine Situation finden konnte. Das Problem mit dem Jungen war, dass er
offensichtlich der Straße verfallen ist, da er immer, wenn er zu einem
Ausbildungszentrum von Navajeevan vermittelt wurde, von dort gleich wieder
weggelaufen ist – trotz anfänglicher Einwilligung seinerseits, es mit einer
Ausbildung zu versuchen. Niemand wusste noch weiter mit ihm. Ich machte
daraufhin den Vorschlag, dass er doch einfach mit mir nach Vimukti kommen
sollte, wo er sich mal ein bisschen Auszeit nehmen und sein Leben neu ordnen
könnte. Die Idee gefiel Father Koshy wie auch dem Jungen. Das Problem war nur,
dass er noch unbedingt sein Geld vom Shelter holen wollte. Father Koshy meinte
jedoch, dass wenn er jetzt wieder gehen würde, er nicht mehr auftauchen würde;
daher wurde dem Jungen vorgeschlagen, ihm einfach sein Geld nach Vimukti
nachzuschicken. Doch dieser wollte unbedingt sein Geld selbst holen. Und
nachdem er in dieser Angelegenheit schlichtweg nicht mit sich reden ließ, blieb
mir keine andere Wahl als einfach auf ihn zu warten und zu hoffen, dass er
vielleicht doch auftauchen würde. Ich wartete den ganzen Abend, doch er kam
nicht. Als ich schließlich einsah, dass er nicht mehr auftauchen würde und dass
Father Koshy Recht gehabt hatte, war es bereits zu spät um nach Vimukti zu
fahren, da es doch eine ziemlich lange Reise dorthin ist, welche zudem nicht
gerade die ungefährlichste ist. Vor allem bei Nacht. Daher fuhr ich erst am
nächsten Morgen. Dass die mögliche Resozialisierung dieses Jungen nur aufgrund
dieser dummen Sache mit dem Geld gescheitert ist, ärgert mich noch immer, da er
sich vor allem anfänglich echt gefreut hat mit mir nach Vimukti zu kommen. Doch
die Straße hat mal wieder gesiegt. Wie sie leider so oft siegt.
Das Thema ‚Weglaufen‘ war diese Woche übrigens auch in
Vimukti wieder Thema Nummer 1. Außer einer Ausnahme, der ich mich zunächst
widmen möchte. Gopi Kumar, der erst vorletzte Woche zum Camp dazu stieß,
verließ bereits letzten Sonntag, also nur ein paar Tage später nach seiner
Ankunft, unter Absprache mit dem In Charge Sudharka, das Camp. Normaler Weise
kommt es in Vimukti nicht vor, dass ein Campteilnehmer ein paar Tage später
schon wieder das Camp -offiziell und ordnungsgemäß-verlässt, aber hierbei
dürfte es triftigere Gründe gegeben haben. Bei Gopi handelte es sich jedenfalls
um den einzigen abgesprochenen Fall, was das Verlassen des Camps angeht. Bei
den Fällen Siva, Mahesh und Anil war diese Angelegenheit weniger offiziell
abgesprochen, sondern Montagmorgen um 4 Uhr in der Früh einfach kurzerhand in
die Tat umgesetzt. Die Burschen nahmen Reißaus, konnten dem ‚Ruf der Straße‘
nicht mehr widerstehen. Raja, einer der Campmitarbeiter, war zum Glück zu dieser
Zeit wach, bekam die Aktion mit und
konnte die Burschen aufhalten. Einmal mehr möchte ich an dieser Stelle
erwähnen, dass die Burschen, bevor sie nach Vimukti kommen, freiwillig
einwilligen bei diesem Rehabilitationsprogramm mitzumachen. Aber die ersten
Wochen in Vimukti sind, für besonders hart vom Schicksal bzw. von der Straße
getroffene Fälle, alles andere als einfach. Die völlige Abgeschnittenheit von
der Straße, den Drogen, den Zigaretten oder dem Alkohol kann bei manchen zu
Kurzschlussreaktionen führen. Bei den einen kommen diese häufiger, bei den
anderen weniger häufig vor. Bei Fällen wie zum Beispiel Siva, dessen
Hintergrundgeschichte man eigentlich kaum glauben kann, treten diese
Kurzschlüsse regelmäßig mindestens einmal die Woche auf. Am Donnerstag war er plötzlich
wieder weg. Als Sudharka und ich das bemerkten, setzten wir uns kurzerhand aufs
Motorrad und gingen ihn Suchen fahren -ich befand mich kurz zuvor noch beim
Cricket spielen, hatte also nicht mal Schlapfen an-. Wir fuhren auf die
Hauptstraße und durch das angrenzende Dorf, wo wir ihn schließlich am
Straßenrand herumschleichend fanden – auf der Suche nach noch halbwegs
brauchbaren Zigaretten, die möglicherweise irgendwo im Staub liegen. Die
Geschichte von Siva habe ich euch in meinem vorletzten Blogeintrag schon näher
offenbart; wer sie also noch nicht kennt und daran interessiert ist, der weiß
jetzt, wo sie nachzulesen ist. Noch am selben Tag, also Donnerstag, stieß am
Abend ein neuer Junge zu uns in Vimukti hinzu. Sein Name ist Surendra. Ravi
Kishore, einer der Campmitarbeiter, hat ihn von einem Trip nach Vijayawada
mitgenommen, wo er ihn zuvor im Shelter kennengelernt und ermutigt hat, mit ihm
nach Vimukti mitzukommen. Nachdem ich mich bei ihm, im Zimmer von Sudharka,
vorgestellt hatte, sah er mich eine Weile nur ziemlich verdattert an. Ravi
Kishore meinte zu mir ein wenig verhalten, dass er noch unter Drogeneinfluß
stünde – er könne sich nicht mal mehr daran erinnern, wie er überhaupt nach
Vimukti gekommen sei und was er hier mache. Plötzlich fing er zu weinen an.
Nachdem Sudharka ein paar Stunden mit ihm geredet und er sich wieder beruhigt
bzw. die Wirkung der ein paar Stunden zuvor eingeworfenen Droge nachgelassen hatte,
entschied er sich doch zu bleiben.
Ich resümiere: Zur Zeit ist es ein ziemlich verrücktes Auf
und Ab mit der Anzahl der Burschen im Camp. Nach aktuellem Wissensstand sollten
es derzeit 13 Campteilnehmer sein. Aber wer weiß wie viele es noch sind wenn
ich morgen in der Früh wieder in Vimukti ankomme (erst morgen in der Früh, da
sich heute zwei Volontäre wieder zurück in die Heimat machen, und für den
heutigen Abend daher noch ein gemeinsames Abschiedsessen eingeplant ist). Die
sich in letzter Zeit ständig in Veränderung befindende Zahl der Anwesenden, ist
natürlich mit dem konstanten Wachsen von immer mehr ‚schwierigen‘, also sozial
besonders schwer beeinträchtigen Fällen, in Verbindung zu bringen. Was für mich
logischer Weise auch eine zunehmende Erschwernis der Arbeit bedeutet, die
ohnehin schon davor nicht gerade eine einfache war. Mittlerweile habe ich aber
das Gefühl, in meiner Aufgabe gewachsen zu sein; fühle mich weniger
überfordert. Mit dem derzeitigen Haufen in Vimukti wäre ich am Anfang meines
Volontariats glaube ich total überfordert gewesen. Auch wenn es mit den
Burschen damals auch alles andere als leicht war. Aber die derzeitigen Burschen
sind einfach ein ganz eigene Herausforderung für sich. Aber wie schon gesagt:
Ich merke, dass ich in meiner Aufgabe wachse; werde also schon fertig damit.
Ich blicke der nächsten Zeit jedenfalls nach wie vor optimistisch gegenüber,
auch wenn sie sicherlich ein gewisses Stück Arbeit und Nerven kosten wird.
Übrigens fällt mir gerade ein, dass für Donnerstag
tatsächlich noch was hinzuzufügen ist. Konnte der Tag überhaupt noch vollgesteckter
sein? Jedenfalls kamen uns 5 Volontäre besuchen, die sich mal das Projekt
anschauen wollten. Kurz vor ihrer Ankunft hatte ich mit den Burschen noch meine
‚Drawing Class‘ -also quasi Bildernische Erziehung wenn man so will-, die seit
der letzten Mitarbeiterbesprechung nun jeden Donnerstag stattfindet. Jedenfalls
habe ich den Burschen gesagt, sie sollen ‚Hearty Welcome‘ - Zeichnungen für die
Volontäre anfertigen – eine Aufgabe, die manche von ihnen mit geradezu
rührendem Fleiß angingen. Während dem die Volontäre da waren, waren die meisten
Burschen geradezu engelsgleich. Nachdem sie uns wieder verließen, resümierte
ich, dass ich mir eigentlich mehr solche Besuche wünschen würde. Aber das ist
aufgrund der Abgelegenheit von Vimukti wohl ein nicht-in-die-Tat
umsetzbarer-Wunsch.
Abschließend noch erwähnenswert scheint mir, dass ich
letzten Dienstag, als wir mit den Burschen in Nuzvid im Kino waren, das erste Mal
auf einen Schlangenbeschwörer getroffen bin. Soweit ich das beurteilen konnte
hatte dieser in seinen Körben zwei Kobras und eine Klapperschlange. Ich hatte
schon gehört, dass es in der Gegend von Vimukti auch Kobras usw. geben soll,
hoffe aber auch mal welche in freier Wildbahn vorzufinden. Zumindest aus einer
gewissen Entfernung.
Nun, ich bin mal wieder am Ende meines Eintrages angelangt.
Später werde ich, wie bereits schon erwähnt, voraussichtlich noch ein paar
Fotos von der Weihnachtsfeier hochstellen. Jedenfalls wünsche ich euch noch
einen schönen Sonntag und eine angenehme Woche.
Ganz liebe Grüße aus Indien
Konstantin
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